Das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, daß das bei der unternehmensweiten Einführung von Microsoft Office 365 bestehende Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1Nr. 6 BetrVG durch den Gesamtbetriebsrat ausgeübt wird und nicht durch die örtlichen Betriebsräte.
Orientierungssätze (Redaktion RABV):
- Zuständig für die Ausübung des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1Nr. 6 BetrVG ist gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat, da es sich bei der unternehmensweiten Einführung von Microsoft Office 365 um eine Angelegenheit handelt, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betrifft und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann, weil objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 1 ABR 59/15). Diese Zuständigkeitsregelung ist zwingend und kann weder durch einen Tarifvertrag noch durch eine Betriebsvereinbarung und erst recht nicht durch eine Regelungsabrede abgedungen werden.
- Der Einsatz von Microsoft Office 365 kann auf Grund der Datenspeicherung auf einer sog. cloud und der zentralen Administration des Systems aus technischen Gründen nur unternehmenseinheitlich geregelt werden. Es handelt sich insofern um eine zentrale Datenverarbeitung, weil die Administratoren über Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten in Bezug auf die für Arbeitnehmer aller Betriebe erfassten Daten verfügen. Die zentrale Administration stellt keine Beeinflussung der Zuständigkeitsebene durch die Arbeitgeberseite dar. Zudem besteht keine Möglichkeit, die verschiedenen Module von Microsoft Office 365 derart unterschiedlich zu administrieren, dass das technisch zwingende Erfordernis einer unternehmenseinheitlichen Regelung entfiele.
- Dem steht nicht entgegen, dass das zwingende Erfordernis nicht durch das reine Interesse an einer unternehmenseinheitlichen Lösung begründet werden darf. Im Vordergrund steht, dass die Arbeitgeberinnen ein cloud-basiertes System unternehmensweit einführen wollen. Diesem Regelungsgegenstand ist auf Grund der damit verbundenen Zugriffs- und Überwachungsmöglichkeiten das Erfordernis einer unternehmenseinheitlichen Einführung inhärent. Insoweit kann der Antragsteller der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates nicht entgegenhalten, dass das Vorliegen eines technischen Erfordernisses lediglich im Hinblick auf einzelne Module bestehe und der Arbeitgeberseite die Möglichkeit eröffnet werde, die Zuständigkeit der örtlichen Betriebsräte durch die Verknüpfung unterschiedlicher IT-Module auszuschließen. Denn der Mitbestimmungstatbestand ist einheitlich zu betrachten. Eine Aufteilung kommt insofern nicht in Betracht.
- Ob separate Nutzungsverweigerungen in einem Betrieb einen Nachteil der Mitarbeiterinnen dieses Betriebs gegenüber den Mitarbeiterinnen aller anderen Betriebe darstellen, ist erst bei der Ausübung des Mitbestimmungsrechts durch den zuständigen Gesamtbetriebsrat erheblich. Auf die vorgelagerte Zuständigkeitsfrage haben etwaige Ungleichbehandlungen ebenso wenig Einfluss wie die datenschutzrechtlichen Bedenken des Betriebsrats, welche die Frage betreffen, ob der zuständige Gesamtbetriebsrat sein Mitbestimmungsrecht wirksam ausgeübt hat.
LAG Köln, Beschluß v. 21.05.2021 – 9 TaBV 28/20