Rechtsmißbräuchliche Geltendmachung eines datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs

Das Landgericht Wuppertal hat sich kürzlich mit der Frage befaßt, unter welchen Voraussetzungen die Geltendmachung von datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüchen trotz Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen als unzulässig anzusehen ist.

Im entschiedenen Fall hat es die Geltendmachung eines Auskunftsbegehrens nach Art. 15 DSGVO als rechtsmißbräuchlich angesehen.

Spannend – und unter Umständen auch richtungsweisend für künftige Einordnungen vergleichbarer Sachverhalte – ist die Begründung des Gerichts.

Da das Interesse des Klägers sich erklärtermaßen ausschließlich darauf beschränke, mit Hilfe der erhaltenen Auskunft Leistungsansprüche gegen die auskunftsverpflichtete Beklagte verfolgen machen zu können, liege in der Geltendmachung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs ein unzulässiges Ausnutzen einer formal bestehenden Rechtsstellung:

„Der Auskunftsanspruch des Klägers lässt sich bei der vorliegenden Sachlage auch nicht erfolgreich auf § 15 DSGVO stützen. Ihm steht der sich aus § 242 BGB ergebende Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Es handelt sich dabei um einen das gesamte Rechtsleben durchziehenden Grundsatz, der als nationale Ausformung auch im Rahmen des § 15 DSGVO Geltung beansprucht. Danach ist die Ausübung eines Rechts u. a. nicht erlaubt, wenn der Anspruchsinhaber eine formale Rechtsstellung ausnutzt oder etwas geltend macht, an dem er kein schützenswertes Eigeninteresse hat. Diese beiden Aspekte liegen hier kumulativ vor und verdichten sich zu einem treuwidrigen Verhalten.


Nach dem Willen des Klägers soll das begehrte Auskunftsbündel ausschließlich der Verfolgung von Leistungsansprüchen dienen. Dabei handelt es sich um einen vollkommen verordnungsfremden Zweck. Nach dem Erwägungsgrund 63 DSGVO, dient das Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO dem Betroffenen vielmehr dazu, sich der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. So soll Art. 15 DSGVO eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge ermöglichen. Der Betroffene soll den Umfang und Inhalt der gespeicherten Daten beurteilen können. Die Auskünfte dienen auch dazu, der betroffenen Person die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen, vor allem das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO, auf Löschung nach Art. 17 DSGVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DSGVO.


Der Kläger hat keines der vorgenannten Interessen, dies nicht einmal als Reflex. Das Auskunftsbegehren soll sich nach seinem klar geäußerten Willen allein darin erschöpfen, etwaige geldwerte Ansprüche gegen die Beklagte zu prüfen. Damit trifft das Begehren des Klägers nicht einmal den Titel der Verordnung, nämlich den Datenschutz. Ein Begehren, das sich derart weit von dem Regelungsinhalt einer Rechtsgrundlage entfernt hat, ist nicht schützenswert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber nicht etwa ein situationsunabhängiges Auskunftsrecht von Verbrauchern gegenüber Unternehmen schaffen wollte, welches im allgemeinen Rechtsverkehr nicht besteht. Vielmehr hat er die zu erteilenden Auskünfte explizit an den Zweck des Datenschutzes gebunden (vgl. Erwägungsgrund 63 DSGVO).“

LG Wuppertal, Urteil v. 29.07.2021 – 4 O 409/20