Datenschutzrechtliches Auskunftsrecht ist nicht identisch mit Akteneinsichtsrecht

Die nächste Entscheidung einer Fachgerichtsbarkeit zur Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs gem. Art. 15 DSGVO wurde veröffentlicht:

Mit Urteil vom 26.7.2021 (Az. 10 K 3159/20) hat das Finanzgericht Baden-Württemberg das Bestehen eines Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO zum Zweck der Akteneinsicht verneint.

Geklagt hatte ein Apotheker bei dem zuvor eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt durchgeführt worden war. Dabei kam es zu Besprechungen zwischen der Steuerberaterin des Klägers und der Betriebsprüferin wegen angeblicher fehlender Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Der Kläger begehrte Akteneinsicht im laufenden Verfahren, welche jedoch abgelehnt wurde.

Das Gericht grenzt in seiner Entscheidung Zielrichtung und Anwendungsbereich des Auskunftsrechts aus Art. 15 DSGVO und das Akteneinsichtsrecht in einem behördlich geführten Verfahren voneinander ab und hält sie für qualitativ unterschiedlich:

„Das Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ist […] nicht mit einem Akteneinsichtsrecht identisch. Das Akteneinsichtsrecht beruht vornehmlich auf dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz) und soll den Anspruchsteller in die Lage versetzen, die Grundlagen einer Verwaltungsentscheidung nachzuvollziehen.

Ein Akteneinsichtsrecht geht stets über ein bloßes Auskunftsrecht hinsichtlich der verarbeiteten personenbezogenen Daten hinaus; so ergeben sich aus einer Akteneinsicht regelmäßig auch rechtliche Stellungnahmen, Entscheidungsentwürfe und Berechnungen der Amtsträger, Dienstanweisungen oder Ermittlungsergebnisse, die schon dem Grunde nach nicht unter den Schutzbereich der DSGVO und des § 32c AO fallen. Der Anspruch aus Art. 15 DSGVO umfasst auch nicht die von der Betriebsprüfung selbst, etwa im Wege der Schätzung, geschaffenen Daten. Angewandte Schätzmethoden oder Schlussfolgerungen der Betriebsprüfung aus den erhobenen Daten stellen keine Verarbeitung i.S. des Art. 4 Nr. 2 DSGVO dar.

Es ist nicht davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber der DSGVO einen nach inländischen Normen nicht geregelten gebundenen Anspruch auf Akteneinsicht schaffen wollte. Vielmehr kann ein datenschutzrechtlicher Anspruch auch ohne Akteneinsicht erfüllt werden, indem dem Betroffenen im Fall der Verarbeitung personenbezogener Daten die konkreten Daten sowie die Einzelangaben i.S. von Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 DSGVO mitgeteilt werden.“

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.7.2021, 10 K 3159/20