„Zwangsferien“ für Schulen und KiTas in Schleswig-Holstein: Arbeitspflicht & Lohnfortzahlung?


Nachdem heute morgen zunächst bereits der Lehrbetrieb an den Hochschulen sowie der Betrieb an staatlichen Museen und Opern ausgesetzt worden war, wird in Schleswig-Holstein ab kommender Woche für alle Eltern betreuungsbedürftiger schulpflichtiger bzw. KiTa-Kinder auch das Thema „Zwangsferien“ wegen der Corona-Pandemie konkret.

Wobei – das aber nur nebenbei bemerkt – die in diesem Zusammenhang an der ein oder anderen Stelle auch zu entdeckende Formulierung, man werde die Osterferien „vorziehen“ natürlich etwas irreführend ist: Tatsächlich werden sie faktisch um einige Wochen schlicht verlängert ;-)

Die durchgängige Anwesenheit des Nachwuchses zu Hause außerhalb der geplanten Ferienzeit bringt jedenfalls in sehr vielen Fällen u. U. ein nicht unerhebliches Organisationsproblem für die Eltern und häufig vor allem auch für Alleinerziehende – m/w/d ;-) – mit sich.

Insbesondere den Arbeitnehmer(inne)n unter ihnen stellen sich dabei zwei wesentliche Fragen:

1) Habe ich das Recht, deshalb dem Arbeitsplatz fern zu bleiben?

2) Werde ich dann trotzdem bezahlt?

Dazu nachfolgend einige grundsätzliche Hinweise, im Wesentlichen basierend auf den „offiziellen“ Ausführungen im Onlineauftritt des Bundesarbeitsministeriums (BMAS). Dort finden sich auch weitere Infos zu den arbeitsrechtlichen Auswirkungen des Corona-Virus.

Arbeitspflicht

Ist bei der Schließung der Kita / Schule unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, so müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Kinderbetreuung selbst sicherzustellen (z.B. Betreuung durch einen Elternteil, Verwandte etc.).

Kann die erforderliche Kinderbetreuung auf diese Weise nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da in einer solchen Situation (das Kind müßte andernfalls unbeaufsichtigt zu Hause bleiben) das Erscheinen am Arbeitsplatz als unzumutbar anzusehen sein wird.

Das bedeutet rechtlich, dass der / die Arbeitnehmer(in) für diesen Zeitraum von der Pflicht der eigenen Leistungserbringung frei wird (§ 275 Abs. 3 BGB).

Zwischenergebnis: Grundsätzlich ist niemand gezwungen, Urlaub zu nehmen, wenn er sein Kind selbst betreuen muss.

Dies könnte allerdings aus einem Grund erforderlich sein, der mit der Antwort auf die 2. Frage zusammenhängt:

Lohnfortzahlung

Aus der Tatsache, dass ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen besteht, folgt nun nicht automatisch, dass für die entsprechenden Fehlzeiten dann auch eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers besteht.

Einen gesetzlichen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts gibt es bei Verhinderung aus persönlichen Gründen nur unter recht engen Voraussetzungen: Er kann sich zwar aus § 616 Satz 1 BGB ergeben, allerdings nur für einen „verhältnismäßig nicht erheblichen“ Zeitraum.

Das Vorliegen dieser Voraussetzung wird schon im Fall einer angeordneten 14-tägigen Quarantäne zweifelhaft sein – normalerweise wird hier die Grenze bereits bei fünf Tagen gezogen. Längere Zeiträume, wie sie etwa durch die nun behördlich angeordneten „Zwangsferien“ entstehen, dürften jedenfalls definitiv zu lang sein.

Zudem kann der Anspruch aus § 616 Satz 1 BGB durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein. Vor allem ersteres ist recht häufig der Fall.

Nimmt der Arbeitnehmer dagegen Urlaub, erhält er natürlich entsprechend den üblichen „Spielregeln“ sein Urlaubsentgelt.

Selbständige

Bei notwendiger eigener Kinderbetreuung können übrigens auch Selbständige, die einen Vertrag mit einer festen Stundenzahl oder einen verbindlichen Auftrag innerhalb der maßgeblichen Ausfallzeit haben, wie Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung haben, auch ohne ihre Leistung erbringen zu müssen. § 616 BGB gilt auch für Dienstverträge.

Maßgeblich ist, ob man während der fraglichen Zeit normalerweise hätte arbeiten müssen.

Ein Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten trotz Nichterbringung der eigenen Leistung besteht unter den Voraussetzungen des § 615 Abs. 1 BGB im Übrigen auch bei Betriebsschließung oder -einschränkung.