Facebook-Boykottaufruf des ULD rechtswidrig

Medieninformation der Kanzlei STRUNK DIRKS & PARTNER Rechtsanwälte

Am 19.08.2011 wandte sich das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) in Kiel mit einer Pressemitteilung unter dem Titel „ULD: Facebook Reichweitenanalyse abschalten“ an die Öffentlichkeit und forderte unter anderem in Schleswig-Holstein ansässige Firmen und Organisationen dazu auf, alle von ihnen beim Social-Media-Netzwerk Facebook genutzten Dienste zu deaktivieren, bei denen es zu einer Übermittlung von Nutzerdaten Dritter an Facebook in den USA kommt.

Hierzu wurde zeitgleich durch das ULD ein datenschutzrechtliches Gutachten mit dem Titel „Arbeitspapier Facebook und Reichweitenanalyse“ veröffentlicht.

Hintergrund der Aufforderung, die mit einem Hinweis auf widrigenfalls ab 01.10.2011 drohende Bußgelder in Höhe von bis EUR 50.000,00 verbunden war, bildet das Reichweitenanalysetool „Facebook insights“, welches aus Sicht des ULD in rechtswidriger Weise Daten von Fanpage-Besuchern erhebt und nutzt. Betroffen sind neben den Nutzern von Facebook-Fanpages auch Anbieter von Webseiten, die dort den sog. „Gefällt mir“-Button von Facebook verwenden.

Das ULD geht bei seiner rechtlichen Beurteilung von der Annahme aus, dass diejenigen, die bei Facebook eine Fanpage erstellt haben, dadurch „Diensteanbieter“ im Sinne des Telemediengesetzes (TMG) und damit neben Facebook selbst eine verantwortliche „Stelle“ im Sinne des Datenschutzrechts sind.

Da Facebook den Anbietern von Fanpages und (wegen der entsprechend ausgestalteten Funktionalität) auch den Verwendern des „Gefällt-mir“-Button – nicht die Wahl lässt, ob sie das vom ULD monierte Reichweitentool einsetzen oder nicht und eine Abschaltung der entsprechenden Reichweitenmessung nicht möglich ist, stellen die vollständige Deaktivierung der entsprechenden Fanpage bzw. die durchgängige Nichtverwendung des Social Plugins die einzige Möglichkeit dar, der Aufforderung des ULD gerecht zu werden.

Eine Verpflichtung hierzu besteht nach der durch die Partner unserer Kanzlei vertretenen Rechtsauffassung jedoch entgegen der Ansicht des ULD nicht.

Die Hintergründe hierzu erfahren Sie in der entsprechenden Medieninformation unserer Kanzlei vom 26.8.2011.

Wir möchten hierbei klar stellen, dass wir das Anliegen des ULD in der Sache grundsätzlich befürworten – nämlich den Anbieter Facebook zu einer Handhabung der Daten seiner deutschen Nutzer anzuhalten, die deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung im notwendigen Umfang gerecht wird.

Auch wir sehen in der derzeitigen Praxis derDatensammlung und weitergabe in die USA durch Facebook unter den verschiedensten rechtlichen Aspekten ein Problem.

Wir sind jedoch nicht der Auffassung, dass dieses globale Problem dadurch gelöst wird, dass die schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbehörde trotz selbst eingestandener nicht vollständig ausermittelter Tatsachengrundlage und im vollen Bewusstsein einer in wesentlichen Teilen unklaren Rechtslage geschäftlich handelnden Facebook-Nutzern in ihrem Einzugsgebiet bei der Anwendung eines Bundesgesetzes unter Überschreitung ihrer Kompetenzen und ohne vorherige Abstimmung mit den anderen Datenschutzbehörden der Länder öffentlich Bußgelder androht und faktisch als Mittäter von Rechtsverletzungen stigmatisiert, während im übrigen Deutschland munter weiter geklickt wird…

SDP legal | Datei
Medien-Information v. 26.08.2011 – PDF-Ausgabe