Internet-Nutzung am Arbeitsplatz

[Beitrag in „COMPUTER UND ARBEIT“ – Fachzeitschrift für Betriebs- und Personalräte zu EDV-Einsatz, Mitbestimmung und Datenschutz – September 2005]

CuA - Computer und Arbeit

Jan A. Strunk

Heute schon gemailt und gesurft?

Die Computer-Nutzung am Arbeitsplatz ist unübersehbar längst über das Stadium der reinen Aufgabenbewältigung mit Hilfe der neuen Medien hinaus gelangt.

Mittlerweile kommt den Personal-Computern in Betrieben und Dienststellen fast schon ›naturgemäß‹ auch ein privater Nutzwert zu: Da die meisten Arbeitsplatzrechner mittlerweile nicht mehr nur zur betriebsinternen Kommunikation, sondern auch als ›Kontakt-Schnittstelle‹ der Firma nach außen – etwa für die Verwaltung der ›elektronischen Post‹ – genutzt werden und überdies häufig auch der Informationsbeschaffung dienen sollen, sind sie zunehmend mit einem – in der konkreten Nutzungsmöglichkeit je nach den betrieblichen Verhältnissen mehr oder weniger eingeschränkten – Zugang zum Internet ausgestattet.

Damit erhalten immer mehr Beschäftigte die Möglichkeit, das World-Wide-Web oder die elektronische Post (E-Mail) am Arbeitsplatz zu nutzen – auch privat. Eine Gelegenheit, von der entsprechend häufig Gebrauch gemacht wird. Mal eben so, wie man es von zuhause gewohnt ist: Schnell mit einem Mausklick die neuesten Ereignisse vom Tag aufrufen, über Online-Banking einen kurzen Blick auf’s Privatkonto werfen oder rasch eine E-Mail-Nachricht an einen Freund schicken – um nur einige der Möglichkeiten zu nennen.

Bei den Arbeitgebern ist dieses Verhalten nicht immer gern gesehen: Neben zusätzlichen Verbindungskosten werden Mehrkosten auch durch den damit verbundenen Arbeitsausfall befürchtet. Außerdem birgt der ungehemmte private E-Mail-Verkehr ebenso wie jedes ›Surfen‹ in unsicheren Internetgegenden Gefahren für die IKT-Infrastruktur des Betriebs – erst recht, wenn auch noch irgendwelche Dateien ›heruntergeladen‹ werden.

Dementsprechend sind zu dieser Thematik mittlerweile neben der Geltendmachung von Kosten- und Schadensersatzansprüchen zunehmend auch arbeitsrechtliche Sanktionen wie Abmahnungen und ordentliche ebenso wie fristlose Kündigungen Gegenstand gerichtlicher Verfahren zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Und da ist auch der Betriebs-/Personalrat wieder mit ›von der Partie‹ – zum Beispiel wenn er darüber zu beschließen hat, wie er auf eine beabsichtigte Kündigung reagieren will. Grund genug, einmal näher auf die Rechtslage zu schauen.

Wann ist die private Nutzung privat?

Ist nun also die private Internetnutzung ohne ausdrückliche Genehmigung durch den Arbeitgeber verboten oder ist sie grundsätzlich erlaubt, wenn die entsprechenden Einrichtungen vorhanden sind? Wie so oft liegt die Wahrheit auch hier ›in der Mitte‹:

Keine grundsätzlichen Probleme gibt es (rechtlich gesehen), wenn den Beschäftigten schon durch Arbeitsvertrag oder eine Dienstanweisung die private Nutzung von Internet und E-Mail ausdrücklich verboten ist. Denn generell steht es jedem Arbeitgeber frei, zu bestimmen, ob und in welchem Umfang er seinen Mitarbeitern dies erlaubt oder nicht. Er kann also jegliche private Nutzung untersagen, wobei im Einzelfall natürlich fraglich sein kann, ob eine bestimmte E-Mail oder ein konkreter Besuch im Internet der privaten oder der dienstlichen Tätigkeit zuzuordnen ist.

Als Faustregel gilt in diesen Fällen: Soweit ein inhaltlicher Bezug zu den dienstlichen Aufgaben besteht und die Nutzung des Internet durch den Mitarbeiter den objektiven Interessen des Arbeitgebers entspricht, ist von einer dienstlichen Nutzung auszugehen. Ob die Aktion selber tatsächlich erfolgreich oder auch nur zweckmäßig war, spielt dabei keine Rolle.

Hier muss man natürlich im Einzelfall abgrenzen: Eine Mitarbeiterin etwa, die sich durch eine Internetrecherche über Möglichkeiten der fachlichen Fortbildung informiert, handelt sicher noch im obigen Sinn dienstlich. Das Herunterladen von Cartoons zur Belustigung der Kollegenschaft hingegen mag zwar dem Betriebsklima dienen, weist aber zweifellos keinen direkten Bezug zu dienstlichen Aufgaben auf…

Zur dienstlichen Nutzung zählt aber auch eine private Nutzung aus dienstlichem Anlass: Wenn also ein Beschäftigter via E-Mail zuhause mitteilt, dass es wegen notwendiger Überstunden ›mal wieder später‹ wird, ist dies trotz des privaten Charakters der Mitteilung keine private Nutzung.

Verstoß gegen ausdrückliches Verbot

In Fällen der Zuwiderhandlung gegen eine ausdrückliche dienstliche Weisung liegt unzweifelhaft ein arbeitsvertraglicher Verstoß vor, der den Arbeitgeber zu entsprechenden Sanktionen berechtigt.

Ob diese Sanktion angemessenerweise eine Abmahnung oder doch gleich eine Kündigung (schlimmstenfalls eine fristlose) sein kann, hängt maßgeblich von den ›Begleitumständen‹ des Verstoßes ab, etwa vom Umfang der unerlaubten Nutzung, vom zeitlichen Umfang des Arbeitsausfalls, von den verursachten Kosten oder sonstigen Schäden – aber auch von den Nutzungsinhalten. Außerdem spielen die dienstlich-persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers (Beschäftigungsdauer, bisheriges Verhalten usw.) eine Rolle.

In einem aktuellen Urteil anlässlich eines Falls, in dem der wiederholte Zugriff auf pornografische Seiten zur fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers geführt hatte (hier war die Nutzung des Internet allerdings nicht ausdrücklich verboten gewesen), hat das Bundesarbeitsgericht die in solchen Fällen geltenden Kriterien noch einmal benannt:

»[Es] wird zu klären sein, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger seine Arbeitsleistung durch das Surfen im Internet zu privaten Zwecken nicht erbracht und dabei seine Aufsichtspflicht verletzt hat, welche Kosten dem Arbeitgeber durch die private Internetnutzung entstanden sind und ob durch das Aufrufen der pornografischen Seiten der Arbeitgeber einen Imageverlust erlitten haben könnte. Sodann ist je nach dem Gewicht der näher zu konkretisierenden Pflichtverletzungen gegebenenfalls zu prüfen, ob es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte und ob unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers und des unter Umständen nicht klaren Verbots der Internetnutzung zu privaten Zwecken eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig ist.« (1)

Dass die Verbreitung rechtswidriger oder strafbarer Inhalte eine schärfere Reaktion ermöglicht als etwa die Beteiligung an einer Internetauktion bei ›eBay‹ während der Arbeitszeit, leuchtet unmittelbar ein. Aber auch an sich nicht strafwürdige Verhaltensweisen können zu Problemen führen, wenn es sich beim Arbeitgeber etwa um einen sogenannten Tendenzbetrieb (2) – beispielsweise eine kirchliche Einrichtung – handelt und wenn sich die fragliche Nutzung als Verstoß gegen die vom Arbeitgeber verfolgten Grundsätze und Ziele darstellt.

Wobei es in Fällen des Besuchs von ›Schmuddelseiten‹ im Internet nicht nur um etwaige moralische Gründe aufseiten des Arbeitgebers geht: Das Risiko, sich bereits durch den bloßen Besuch derartiger Seiten – also auch ohne das gezielte Herunterladen von Inhalten (z.B. Bildern) – das eigene IKT-System zu ›verseuchen‹, ist besonders dort recht groß. Durch derartiges Verhalten wird der Betrieb also sehr konkret in die Gefahr eines Schadens gebracht.

Privatnutzung in ungeregelter ›Grauzone‹

In vielen Fällen gibt es zum Thema privater E-Mail-/Internetnutzung allerdings weder eine klare arbeitgeberseitige Vorgabe noch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung.

Für diese ›Grauzone‹ ist juristisch noch nicht abschließend geklärt, ob die private Nutzung ohne ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers bereits eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt oder ob sie nicht doch stets zulässig ist, sofern sie sich in einem angemessenen Rahmen bewegt.

Nach der strengsten Auffassung ist der Arbeitnehmer dort, wo weder eine Anweisung noch eine entsprechende Betriebs-/Dienstvereinbarung oder eine sonstige Regelung über die Handhabung der E-Mail-/Internetnutzung besteht, nicht automatisch zur Privatnutzung berechtigt und verstößt folglich gegen arbeitsvertragliche Pflichten, wenn er es doch tut.

In der Praxis allerdings haben die bislang mit diesem Thema befassten Gerichte fast durchweg auf die Grundsätze zurückgegriffen, die von der Rechtsprechung bereits zum Problemkreis ›ungenehmigte Privattelefonate‹ entwickelt wurden:

Und danach gilt die Gestattung von Privattelefonaten in angemessenem Umfang als eine »im Privat- und Arbeitsleben sozialtypische Erscheinung«, mit der Folge, dass der Arbeitnehmer – solange er nicht einem eindeutigen Verbot zuwiderhandelt! – berechtigterweise von der Duldung derartiger Handlungen in angemessenem Umfang ausgehen darf (3).

Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass ein Arbeitgeber, der die private Nutzung definitiv nicht möchte, dies auch ausdrücklich so anordnen muss. Liegt ein solch eindeutiges Verbot dagegen nicht vor, darf das Internet jedenfalls in geringem Umfang auch privat genutzt werden, unabhängig davon, ob es sich dabei um das Verschicken und Empfangen von E-Mails oder um das ›Surfen‹ im Internet handelt.

Die Grenze zur Unzulässigkeit ist aber stets dort überschritten, wo eine übermäßige Nutzung stattfindet (also z.B. täglich mehrere Stunden) oder wo durch die Nutzung etwas Verbotenes geschieht (z.B. wenn rechtswidrige Inhalte – wie beispielsweise antisemitische Propaganda – heruntergeladen werden).

Auch das bereits erwähnte aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgericht (4) stellt noch einmal klar, dass intensives privates Surfen im Internet eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt, die unter verschärfenden Umständen sogar zu einer fristlosen Kündigung führen kann.

Tatsächlich ist die stillschweigende private Nutzung weit verbreitet und auch ohne spezielle Regelung in vielen Betrieben und Dienststellen allgemein üblich. Insbesondere dort, wo sie seit geraumer Zeit mit offensichtlicher Duldung des Arbeitgebers erfolgt, wird deshalb häufig eine sogenannte betriebliche Übung vorliegen, mit der Folge dass jedem einzelnen Beschäftigten das, was ›alle anderen‹ machen, ebenfalls erlaubt ist.

Hat der Arbeitgeber die private E-Mail-/Internetnutzung im Betrieb über einen längeren Zeitraum hinweg widerspruchs- und sanktionslos geduldet, begeht der Arbeitnehmer, der ungefragt in bescheidenem Umfang surft, folglich keine Pflichtverletzung. Arbeitsrechtliche Sanktionen (wie Abmahnungen und erst recht eine Kündigung) kommen dann nur noch in Ausnahmefällen in Betracht, vornehmlich dann, wenn die Nutzung inhaltlich oder zeitlich auf eine Art und Weise erfolgt, von der der Arbeitnehmer objektiv nicht mehr annehmen durfte, sie sei noch vom (stillschweigenden) Einverständnis des Arbeitgebers gedeckt (5).

Einmal ist (meistens) kein Mal

Einigkeit besteht in der obergerichtlichen Rechtsprechung darüber, dass beim Fehlen eines ausdrücklichen (ebenso wie bei der geringfügigen Übertretung eines bestehenden) Verbots eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung im Normalfall nicht gerechtfertigt ist.

Wird also eine unzulässige Internet- oder E-Mail-Nutzung vom Arbeitgeber festgestellt, bedarf es vor einer Kündigung regelmäßig eines eindeutigen ›Warnschusses‹ gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer (6).
Nur in gravierenden Fällen wäre eine fristlose Entlassung ohne vorherige Abmahnung zulässig. Wann dies der Fall ist, wird für vergleichbare Sachverhalte von den Gerichten bisher allerdings noch durchaus unterschiedlich beurteilt: Während erstinstanzliche Entscheidungen zunächst häufig wenig Probleme damit hatten, entsprechende Kündigungen als gerechtfertigt anzusehen, haben die Obergerichte in solchen Fällen dann meist zugunsten des Arbeitnehmers entschieden.

Keine ›Rundum-Überwachung‹ am Arbeitsplatz

Damit der Arbeitgeber bei unzulässigem privatem Gebrauch von Internet oder E-Mail im Wege der Abmahnung oder gar Kündigung gegen den betreffenden Arbeitnehmer vorgehen kann, braucht er Beweise. Nicht immer wird er den Sünder allerdings zufällig ›auf frischer Tat‹ erwischen können. Die gezielte Überwachung der Arbeitnehmer aber unterliegt gesetzlichen Grenzen, die namentlich das Fernmeldegeheimnis und das Datenschutzrecht setzen: Wurde zum Beispiel die private E-Mail-Nutzung ausdrücklich oder durch allseits bekannte Handhabung (›betriebliche Übung‹) zugelassen, ist eine systematische Überwachung des E-Mail-Verkehrs grundsätzlich unzulässig.

Eine Ausnahme gilt lediglich in Fällen, in denen bereits ein konkreter Missbrauchsverdacht besteht. Hier ist eine Protokollierung und Einsichtnahme von E-Mails durch den Arbeitgeber erlaubt – wenn und soweit dies vorher bekannt gegeben wurde.

Etwas anders sieht es aus, wenn die Privatnutzung generell verboten wurde. Dann ist eine gezielte Überwachung durch den Arbeitgeber erlaubt. Allerdings ist er auch in diesem Fall verpflichtet, stets die Maßnahmen mit möglichst geringer ›Eingriffsintensität‹ zu wählen, also etwa nur stichprobenartige Kontrollen oder fortlaufende Kontrolle nur der äußeren Daten wie Zeitpunkt der Absendung und Empfängeradresse.

Eindeutig rechtswidrig wäre es dagegen, wenn der Arbeitgeber ohne vorheriges Einverständnis der Betroffenen regelmäßig vom Inhalt sämtlicher E-Mails Kenntnis nehmen würde.

Für die Internet-Nutzung gelten die gleichen Grundsätze: Die systematische Überwachung/Protokollierung der privaten Internetaktivitäten von Beschäftigten ist unzulässig – es sei denn, dass die private Nutzung ausdrücklich verboten wurde. Ist dies der Fall, erfolgt eine Kontrolle häufig bereits im Vorfeld durch den Einsatz technischer Zugangssperren, mit denen sich andere als beruflich veranlasste Nutzungen unterbinden lassen. Dafür aber bedarf es des Rückgriffs auf individuelle Nutzungsdaten der Beschäftigten regelmäßig nicht, so dass eine umfassende Überwachung ebenfalls unzulässig wäre.

Übrigens: Durch unzulässige Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen erlangte Beweismittel dürfen grundsätzlich nicht verwertet werden! Daraus folgt, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen oder Kündigungen nicht auf Tatsachen gestützt werden dürfen, die auf unzulässige Weise ermittelt wurden.

Der betroffene Arbeitnehmer wird sich gegen eine entsprechende Kündigung daher mit einiger Aussicht auf Erfolg rechtlich wehren können.

Betriebs- und Personalräte sind deshalb bereits im ›Vorfeld – nämlich im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens aus Anlaß einer beabsichtigten Kündigung gefordert, ihr Augenmerk nicht nur auf den Vorwurf des unerlaubten ›Mailens und Surfens‹ selbst zu richten, sondern auch die Umstände kritisch zu hinterfragen, unter denen der Arbeitgeber seine Kenntnisse über dieses Faktum erlangt hat.

Dass der Betriebs-/Personalrat Kündigungen, deren Gründe mit unzulässigen Methoden ermittelt wurden, schon im Hinblick auf die damit einhergegangenen Gesetzesverletzungen, regelmäßig zu widersprechen hat, sollte sich eigentlich von selbst verstehen…

Fußnoten:

1) Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. 7. 2005 (2 AZR 581/04).
2) Ein Betrieb, der unmittelbar und überwiegend politischen, konfessionellen, wissenschaftlichen und ähnlichen Bestimmungen dient.
3) Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. 7. 2004 (7 Sa 1243/03).
4) siehe Fußnote 1).
5) siehe Fußnote 3).
6) Vergl. etwa: LAG Köln, Urteil vom 17. 2. 2004 (Sa 1049/03) und LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. 12. 2003 (4 Sa 1288/03).