OVG Münster: GMail ist kein Telekommunikationsdienst

Der E-Mail-Dienst GMail ist kein Tele­kommunikations­dienst. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.02.2020 – 13 A 17/16) auf eine Klage des US-amerikanischen Unternehmens Google und änderte damit ein gegenteiliges Urteil des Verwaltungsgerichts Köln.

Dem Verfahren liegt ein bereits seit mehreren Jahren geführter Rechtsstreit zwischen der für die Aufsicht über den Telekommunikationsmarkt in Deutschland zuständigen Bundesnetzagentur mit Sitz in Bonn und dem US-amerikanischen Unternehmen Google zugrunde.

Die Behörde ist der Ansicht, dass der von Google bzw. dessen irischer Tochtergesellschaft betriebene E-Mail-Dienst ein Telekommunikationsdienst im Sinne des deutschen Telekommunikationsgesetzes ist und Google daher den dort für Anbieter solcher Dienste geregelten Pflichten unterliegt, z. B. Anforderungen des Datenschutzes oder der öffentlichen Sicherheit. Mit Bescheiden aus Juli 2012 und Dezember 2014 hatte die Bundesnetzagentur Google verpflichtet, GMail bei ihr als Telekommunikationsdienst anzumelden.

Dagegen hatte Google erfolglos vor dem VG Köln geklagt und anschließend Berufung eingelegt.
Das Oberverwaltungsgericht hatte das Berufungsverfahren zunächst ausgesetzt und den EuGH um Klärung ersucht, ob E-Mail-Dienste, die über das offene Internet erbracht werden, ohne den Kunden selbst einen Internetzugang zu vermitteln (sog. Webmail-Dienste), Telekommunikationsdienste sind.

Nachdem der EuGH am 13.06.2019 über das Vorabentscheidungsersuchen entschieden hatte, hat das Oberverwaltungsgericht das Berufungsverfahren fortgesetzt.

Das OVG Münster hat die erstinstanzliche Entscheidung des VG Köln geändert und die durch Google angefochtenen Bescheide der Bundesnetzagentur aufgehoben.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts reicht für die Einstufung dieses Dienstes als Telekommunikationsdienst nicht aus, dass Google bei dem Versenden und Empfangen von Nachrichten aktiv tätig wird, indem es den E-Mail-Adressen die IP-Adressen der entsprechenden Endgeräte zuordnet, die Nachrichten in Datenpakete zerlegt und sie in das offene Internet einspeist oder aus dem offenen Internet empfängt, damit sie ihren Empfängern zugeleitet werden. Vielmehr stellten im Wesentlichen die Internetzugangsanbieter der Absender und der Empfänger von E-Mails sowie die Betreiber der verschiedenen Netze, aus denen das offene Internet bestehe, die für das Funktionieren von Gmail erforderliche Signalübertragung sicher. Deren Tätigkeit sei Google auch nicht unter funktionalen oder wertenden Gesichtspunkten zurechenbar. Auch der Umstand, dass Google in Deutschland eine mit dem weltweiten Internet verbundene eigene Netzinfrastrukturbetreibe betreibe, ändere an dieser Beurteilung nichts.

Eine Revision zum BVerwG hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das BVerwG entscheidet.

Vorinstanzen
VG Köln, Urt. v. 11.11.2015 – 21 K 450/15
OVG Münster, Beschl. v. 26.02.2018 – 13 A 17/16
EuGH, Urt. v. 13.06.2019 – C-193/18

Auf Antrag von Google hat das Oberverwaltungsgericht die Bundesnetzagentur mit einem am 05.02.2020 verkündeten Beschluss im Eilverfahren zudem angewiesen, eine von Google zunächst unter Vorbehalt veranlasste Meldung von GMail als Telekommunikationsdienst aus dem von der Bundesnetzagentur geführten öffentlichen Verzeichnis wieder zu entfernen (Az. 13 B 1494/19).

Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 05.02.2020