Mitbestimmung bei der IKT-Nutzung im Unternehmen: Wer hat das Sagen?

In der Dezember-Ausgabe 2010 der Fachzeitschrift „Computer und Arbeit“ ist ein Beitrag von Rechtsanwalt Strunk erschienen, in dem es um die Kompetenzabgrenzung zwischen Gesamtbetriebsrat und örtlichem Betriebsrat beim betriebsverfassungsrechtlichen Dialog mit dem Arbeitgeber über die Einführung von betrieblichen IKT- Einrichtungen geht.

Hier das Autoren-Original zum Nachlesen:

Mitbestimmungsrechtliche Auseinandersetzungen kreisen häufig bereits um die grundsätzliche Frage, ob bestimmte Pläne des Arbeitgebers überhaupt ein Mitbestimmungsrecht der Interessenvertretung auslösen – und wie weit dieses jeweils reicht.

Seltener – aber zuweilen mindestens ebenso intensiv – werden in größeren Unternehmen jedoch auch betriebsverfassungsrechtliche Auseinandersetzungen geführt, bei denen es vorrangig nicht um die Mitbestimmungspflichtigkeit einer beabsichtigten Maßnahme an sich geht, sondern darum, welches Gremium das Mitbestimmungsrecht konkret ausüben darf: Der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens.

Insbesondere im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, der die Mitbestimmung im Bereich der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle eröffnet, ergeben sich im Zusammenhang mit Nutzungen, die sich auf Computersysteme bzw. unternehmensweit verwendete Software beziehen, tendenziell häufiger als bei anderen Mitbestimmungstatbeständen argumentative Anknüpfungspunkte für eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.

Dies bedingen die in der Regel zentralisierte Verarbeitung und Administration der Datenströme im Unternehmensnetzwerk, die eher als z.B. bei der Ausgestaltung von Urlaubsgrundsätzen, Arbeitszeitregelungen oder Sozialeinrichtungen auf den ersten Blick schnell die Vermutung hervorrufen, es bedürfe hier wohl einer unternehmensweit einheitlichen Regelung. Natürlich ist es ganz so einfach dann doch nicht.

Die jeweilige Interessenlage ist dabei aus der Perspektive der Unternehmensleitung i.d.R. klar: Normalerweise ist es günstiger, wenn man sich nicht mit allen örtlichen Betriebsräten auseinandersetzen, sondern sich „nur“ mit einem Gremium einigen muss. Soweit es die Interessenvertretungen betrifft, ist das Bild allerdings uneinheitlich:

Einerseits schrecken bei IKT-bezogenen Mitbestimmungssachverhalten immer noch viele Interessenvertreter(innen) erkennbar zurück. Manche Gremien erwecken dabei den Eindruck, sie seien ganz froh darüber, dass nicht sie sich mit der Sache befassen müssen, sondern der Gesamtbetriebsrat sich ihrer annimmt. Andererseits gibt es Betriebsräte, die selbstverständlich auch alle IKT-Fragen am liebsten selbst mit dem Arbeitgeber regeln würden und es als unzulässigen Eingriff in ihre örtliche Zuständigkeit ansehen, wenn sich der Gesamtbetriebsrat hier ungebeten einmischt.

Anhand einer aktuellen Auseinandersetzung zwischen einigen örtlichen Betriebsräten und dem Gesamtbetriebsrat eines großen Einzelhandelsunternehmens, die im Zusammenhang mit der Nutzung eines elektronischen Kassensystems sowie der Einführung eines elektronischen Kassen-Auswertungssystems gleich in einer ganzen Reihe von gerichtlichen[1] und Einigungsstellen-Verfahren geführt wird, sollen daher in diesem Beitrag einmal die Grundsätze und Voraussetzungen aufgezeigt werden, nach denen in den Fällen zwingender Mitbestimmung nach dem BetrVG die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen der örtlichen und der zentralen Interessenvertretung vorzunehmen ist.

Zunächst der Sachverhalt: Ein Einzelhandelsunternehmen mit bundesweit ca. 360 Filialen (davon ca. 100 mit örtlichem Betriebsrat) hatte bereits vor einigen Jahren ein elektronisches Kassensystem namens „Extenda“ eingeführt. Mit Hilfe dieses Systems werden seitdem nicht nur die Kassenvorgänge in den einzelnen Filialen abgewickelt, sondern insbesondere auch die Steuerung der zentralen Warenwirtschaftssysteme koordiniert sowie der Personaleinkauf verwaltet. Zu jedem Zahlungsvorgang werden u.a. die Nummer der Kassenbedienung, die Daten des Bezahlvorgangs (Artikel, Preis, Zahlungsart, Daten des Zahlungsmittels) und die Uhrzeit des Einkaufs erfasst, gespeichert und verarbeitet.

Hierzu senden die Kassen der einzelnen Filialen regelmäßig ihre Daten aus den örtlich erfassten Abrechnungsvorgängen an zentrale Server, von wo aus die Daten dann je nach weiterem Anwendungsbereich weitergeleitet bzw. verarbeitet werden.

Zu diesem Kassensystem existiert eine Betriebsvereinbarung, die das Unternehmen seinerzeit anlässlich der Einführung mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossen hat.

Eine automatische und systematische Auswertung der mit dem Kassensystem erzeugten Daten mit dem Ziel einer Leistungs-/Verhaltenskontrolle ist bislang nicht erfolgt. Eben dieses Ziel möchte das Unternehmen nun jedoch mit Hilfe der Revisionssoftware „Loss Prevention“ erreichen. Das Programm nutzt die von den Kassen erzeugten und zentral gespeicherten Daten, analysiert und vergleicht sie sie unter verschiedenen Gesichtspunkten (Bildung von Profilen) und ermöglicht so die Aufdeckung von Fehlbedienungen und Manipulationen.

Über die Nutzung dieser Revisionssoftware existiert noch keine Betriebsvereinbarung. Gegenwärtig verhandeln der Gesamtbetriebsrat und das Unternehmen im Rahmen einer Einigungsstelle über die Modalitäten seiner Einführung.

Parallel zu diesen Verhandlungen verlangten einzelne örtliche Betriebsräte nun vom Unternehmen, Gespräche über diese Einführung seien mit ihnen als zuständige betriebsverfassungsrechtliche Gremien zu führen. Ohne ihre Beteiligung habe sowohl die Nutzung des Kassensystems „Extenda“, als auch die Auswertung der durch den Betrieb des Kassensystems gewonnenen arbeitnehmerbezogenen Daten durch die Software „Loss Prevention“ zu unterbleiben.

Das Unternehmen sah das anders: Über die Nutzung von „Extenda“ gebe es bereits eine wirksame Betriebsvereinbarung, so dass die erforderliche Ausübung der Mitbestimmungsrechte bereits erfolgt sei, und soweit es die Einführung von „Loss Prevention“ beträfe, seien nicht die örtlichen Betriebsräte sondern der Gesamtbetriebsrat zuständig. Mit dem werde dies ja auch verhandelt. Dementsprechend lehnte man diesbezügliche Gespräche ab.

Daraufhin initiierten die örtlichen Betriebsräte, die sich von dieser Weigerung in ihren Rechten verletzt sahen, förmliche Verfahren, in denen sie das Bestehen entsprechender Mitbestimmungsrechte geltend machten und das Unternehmen zur Unterlassung der Nutzung von „Extenda“ und „Loss Prevention“ ohne ihre vorherige tatsächliche oder zuvor gerichtlich ersetzte Zustimmung verpflichten lassen wollten.

Im Streit ist also zum einen die Frage, ob die bereits abgeschlossene Betriebsvereinbarung zum Kassensystem überhaupt wirksam durch den Gesamtbetriebsrat verhandelt wurde und zum anderen die Frage, ob die Einführung der Auswertungssoftware einen Gegenstand betrifft, dessen Regelung dem örtlichen Betriebsrat obliegt.

Die Verfahren wurden zwischenzeitlich erstinstanzlich durchweg gegen die örtlichen Betriebsräte entschieden und mündeten aktuell u.a. in zwei beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg anhängige Beschwerdeverfahren[2], von denen eines dieser Tage zur Verhandlung ansteht.

Abgesehen davon, dass es hier um eine grundlegende grundsätzliche mitbestimmungsrechtliche Frage bzgl. der künftigen Handhabung für das Unternehmen geht, weist die Angelegenheit einen nicht unerheblichen finanziellen Aspekt auf:

Aus dem Streit der zwischen den Mitbestimmungsgremien und dem Arbeitgeber um die Zuständigkeit geführt wird, ergaben sich für die angerufenen Gerichte nämlich auch ganz praktische prozessuale Fragen, die über die ursprüngliche „Dreiecksbeziehung“ weit hinausgingen:

Weil aufgrund der konkreten Antragstellung der örtlichen Betriebsräte nach Auffassung etwa des Arbeitsgerichts Berlin sowie zunächst auch beider angerufener Kammern des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nicht auszuschließen war, dass von einer Entscheidung jedenfalls teilweise auch die Rechtsstellung der übrigen, nicht direkt am Verfahren beteiligten Betriebsräte betroffen wäre, sahen sich die Gerichte veranlasst, die übrigen bei dem Unternehmen gebildeten Betriebsräte sämtlich in das Verfahren mit einzubeziehen und beizuladen.

Die entsprechenden Verfahren wurden nun also mit ca. 100 Beteiligten geführt – den administrativen und argumentativen Mehraufwand für das Gericht und die Verfahrensbevollmächtigten[3] kann man sich ebenso leicht ausmalen, wie die Mehrkosten, die dem Unternehmen nun durch die notwendig gewordenen zahlreichen weiteren Verfahrensvertreter der zusätzlich involvierten Betriebsräte entstanden sind[4].

Im Ausgangspunkt noch unstreitig ist, dass sowohl bei der Nutzung von „Extenda“ als auch bei der beabsichtigten Einführung von „Loss Prevention“ der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG eingreift:

Ein datenverarbeitendes System ist immer zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung in diesem Sinne ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen[5]. Soweit es „Loss Prevention“ betrifft, ist die Überwachung zudem sogar ausdrücklicher Zweck des Einsatzes.

Streit besteht jedoch darüber, welches Interessenvertretungsgremium die Mitbestimmung ausüben darf bzw. muss. Wonach richtet sich also, wer im Verhältnis Betriebsrat – Gesamtbetriebsrat mitbestimmen darf?

Im Bereich der zwingenden Mitbestimmung – also auch hier im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – gilt zunächst der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung: Für die Regelung einer bestimmten Angelegenheit sind ausschließlich entweder die einzelnen Betriebsräte oder der Gesamtbetriebsrat originär zuständig. Diese gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist zwingend[6], so dass etwa Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat die Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte auch nicht einfach durch eine Vereinbarung abbedingen können.

Es gilt dann ganz allgemein: Für die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist grundsätzlich der von den Arbeitnehmern unmittelbar gewählte Betriebsrat zuständig. So das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung.

Wenn Juristen „grundsätzlich“ sagen, meinen sie allerdings nie „das ist immer so“, sondern immer „normalerweise ist das so, es kann aber ausnahmsweise auch anders sein“.

Die Ausnahme regelt für den Fall eines vorhandenen Gesamtbetriebsrats § 50 Abs. 1 Satz 1. BetrVG. Danach ist der Gesamtbetriebsrat originär zuständig für „die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können“[7].

Wesentliche tatbestandliche Voraussetzungen sind also der überbetriebliche Bezug und die fehlende Regelungsmöglichkeit durch den örtlichen Betriebsrat. Beide müssen erfüllt sein[8]. Wenn der Gesamtbetriebsrat für die Behandlung einer Angelegenheit gem. § 50 Abs. 1 BetrVG originär zuständig ist, ist es auch allein seine Sache, die Angelegenheit insgesamt und vollständig mit dem Arbeitgeber zu regeln[9].

Der überbetriebliche Bezug liegt unproblematisch immer vor, wenn – wie bei der hier vorgesehenen Einbeziehung aller Kassensysteme in die Auswertungen – eine Regelung unternehmensweit alle Betriebe berührt[10]. Denn dann ist notwendigerweise das gesamte Unternehmen betroffen. Für das Vorliegen einer überbetrieblichen Angelegenheit i.S.d. § 50 Abs. 1 BetrVG wäre das jedoch nicht einmal zwingend erforderlich: Es reicht aus, dass die Angelegenheit mehrere Betriebe (mindestens zwei) betrifft[11].

Die maßgebliche Frage lautet demnach, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass der örtliche Betriebsrat eine Angelegenheit nicht selbst regeln kann.

Zunächst entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass es für die Regelungsmöglichkeit auf örtlicher Ebene nicht darauf ankommt, dass dem Betriebsrat einen Regelung objektiv unmöglich wäre[12].

Ausreichend ist, wenn trotz möglicher Parallelvereinbarung durch die Einzelbetriebsräte eine sachgerechte Regelung auf Betriebsebene nicht erfolgen kann, weil ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder jedenfalls betriebsübergreifende Regelung besteht (subjektive Unmöglichkeit)[13]. Dieses Erfordernis kann sich aus rechtlichen oder aus technischen Gründen ergeben[14].

Der bloße Wunsch des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung oder reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte reichen nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung dagegen nicht aus. Entscheidend soll stets die Einzelfallabwägung sein, die zum einen die konkreten Verhältnisse des einzelnen Unternehmens und seiner Betriebe[15] und zum anderen Inhalt und Zweck des jeweils betroffenen Mitbestimmungsrechts berücksichtigt[16].

Diese ersichtlich abstrakten und dementsprechend unbestimmten Kriterien bereiten in der Praxis naturgemäß dort Schwierigkeiten, wo die Dinge nicht so einfach liegen, dass sich – wie das Bundesarbeitsgericht es einmal formulierte – die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung bereits „aus der Natur der Sache aufdrängt“[17]. Im geschilderten Fall ist u.a. bereits im Einzelnen hochstreitig, worin denn überhaupt die relevanten Funktion(sweis)en und betriebsnotwendigen Voraussetzungen der beiden technischen Einrichtungen bestehen.

Unabhängig von den argumentativen Einzelheiten der Auseinandersetzung lassen sich anhand der bisherigen Rechtsprechung zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG folgende allgemeine Aussagen machen:

Zu den rechtlichen Voraussetzungen ist entschieden worden, dass etwa dann, wenn Einzelbetriebsräte nach den konkreten Umständen in überbetrieblichen Angelegenheiten divergierende Interessen verfolgen, so dass dem Arbeitgeber etwa durch mehrere Einigungsstellen unterschiedliche Regelungen aufgezwungen werden könnten, die mit der einheitlichen Funktion des Systems nicht vereinbar wären, eine betriebsübergreifende einheitliche Regelung notwendig sein kann[18].

In derartigen Fällen erfordere gerade der notwendige Ausgleich offensichtlich divergierender Betriebsratsinteressen für das Unternehmen die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats[19]. Eine Erwägung, die sicherlich auch auf die geschilderten Auseinandersetzungen angewendet werden könnte.

Entsprechendes gilt, wenn bereits bestehende unterschiedliche betriebliche Regelungen durch eine unternehmenseinheitliche Neuordnung abgelöst werden sollen. Es kann hier auch passieren, dass eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats dadurch begründet wird, dass mit der Einführung einer neuen technischen Einrichtung eine neue (zusätzliche) Zweckbestimmung für eine bereits vorhandene technische Einrichtung verbunden ist und diese nur unternehmensweit einheitlich zu verwirklichen ist.

Entschieden wurde dies etwa für die Einführung eines Statistik-Moduls als Ergänzung einer bereits vorhandenen (und zuvor in vielen unterschiedlichen einzelnen Betriebsvereinbarungen geregelten) Fehlzeitenerfassung[20] – der Grundgedanke ließe sich möglicherweise auch auf das Verhältnis zwischen „Extenda“ und „Loss Prevention“ übertragen.

Hinsichtlich der Anforderungen an die technische Notwendigkeit sieht die obergerichtliche Rechtsprechung eine betriebsweite Regelung dann als unabdingbar an, wenn sich eine unterschiedliche Ausgestaltung in den einzelnen Betrieben mit den Zielen und der Funktion des solchen Systems nicht vereinbaren lässt, etwa bei einem unternehmenseinheitlichen EDV-System[21].

Das Bundesarbeitsgericht konkretisiert diesen Ansatz in seiner Entscheidung aus dem November 2006[22] folgendermaßen:

„Eine technische Notwendigkeit zu einer betriebsübergreifenden Regelung kann unter anderem dann bestehen, wenn im Wege der elektronischen Datenverarbeitung in mehreren Betrieben Daten erhoben und verarbeitet werden, die auch zur Weiterverwendung in anderen Betrieben bestimmt sind. In einem solchen Fall kann es aus arbeitstechnischen Gründen erforderlich sein, in den Betrieben auf den dortigen Rechnern dieselbe Software zu implementieren. Die Verwendung derselben Programme, Eingabemasken und Formate sorgt in solchen Fällen dafür, dass die in den Betrieben erhobenen und verarbeiteten Daten exportiert und importiert und sodann in anderen Betrieben ohne zusätzlichen technischen Aufwand genutzt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebe nicht unmittelbar miteinander vernetzt sind, sondern der Datentransfer über einen gemeinsamen Server stattfindet. In einem solchen Fall ist eine unterschiedliche Ausgestaltung des elektronischen Datenverarbeitungssystems in den einzelnen Betrieben mit dessen einheitlicher Funktion nicht vereinbar.“

Hinreichende Indizien für die technische Notwendigkeit i.S.d. § 50 Abs. 1 BetrVG liegen demnach vor, wenn das Datenverarbeitungssystems für ein gemessen am beabsichtigten Zweck ordnungsgemäßes Funktionieren die betriebsweite Einheitlichkeit von genutzter Software, Datei- bzw. Datenformaten und Bedieneroberfläche erfordert.

Ob diese Voraussetzungen im Fall der streitbaren örtlichen Betriebsräte vorliegen, wird nun demnächst das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden haben. Und vielleicht dabei sogar weitere Kriterien bzw. Anknüpfungsaspekte liefern, mit denen sich bei IKT-Sachverhalten die Zuständigkeitsabgrenzung präzisieren lässt…

Fußnoten:

[1] ArbG Berlin, Beschl. v. 29.01.2010 – Az. 5 BV 8072/09; ArbG Berlin, Beschl. v. 15.02.2010 – Az. 19 BV 8373/09; ArbG Berlin, Beschl. v. 13.04.2010 – Az. 55 BV 7817/09; ArbG Potsdam, Beschl. v. 24.02.2010 – Az. 6 BV 33/09; ArbG Cottbus, Beschl. v. 15.03.2010 – Az. 5 BV 25/09; ArbG Hamburg, Beschl. v. 25.08.2010 – Az. 10 BV 6/10; LAG Berlin-Brandenburg – Az. 3 TaBV 2636/09; LAG Berlin-Brandenburg – Az. 16 TaBV 1144/10.
[2] LAG Berlin-Brandenburg – Az. 3 TaBV 2636/09; LAG Berlin-Brandenburg – Az. 16 TaBV 1144/10.
[3] Neben der eigentlichen Frage der Zuständigkeit wurde nun zusätzlich noch vehement darüber gestritten, ob die Beteiligung der übrigen Betriebsräte überhaupt notwendig bzw. zulässig war, wenn ja, in welchem Umfang und an welchem Gerichtsstand.
[4] An den bereits entstandenen erheblichen Mehrkosten änderte sich auch dadurch nichts mehr, dass die Beiladungen später – bedingt durch Personalwechsel in der Kammer bzw. Verweisung an ein anderes Gericht – z.T. wieder aufgehoben wurden.
[5] So bereits: BAG, 14.09.1984 – Az. 1 ABR 23/82 = NJW 1985, 453.
[6] BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399.
[7] Demgegenüber eröffnet § 50 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nur eine „geliehene“ Befugnis des Gesamtbetriebsrats: In den Fällen, in denen der Gesamtbetriebsrat mit einer Regelung beauftragt wird, liegt stets eine originäre Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats vor.
[8] BAG, 26.01.1993 – Az. 1 AZR 303/92 = NZA 1993, 714.
[9] BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399.
[10] BAG, 16.06.1998 – Az. 1 ABR 68/97 = NZA 1999, 49.
[11] BAG, 06.12.1988 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 37.
[12] So bereits: BAG, 23.09.1975 – AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 1.
[13] BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399.
[14] BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399.
[15] BAG, 26.01.1993 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 102; BAG NZA 2005, 234.
[16] BAG, 16.06.1998 – AP BetrVG 1972 § 87 Gesundheitsschutz Nr. 7.
[17] BAG, 06.12.1988 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 37.
[18] LAG Nürnberg, Beschluß vom 03. 05.2002 – Az. 8 TaBV 38/01; BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399; BAG NJW 1984, 2966.
[19] LAG Nürnberg, Beschluß vom 03.05.2002 – Az. 8 TaBV 38/01; vgl. auch: BAG NZA 1999, 947.
[20] LAG Nürnberg, Beschluß vom 03.05.2002 – Az. 8 TaBV 38/01.
[21] BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399; LAG Düsseldorf, 21.08.1987 – Az. 9 TaBV 132/86 = NZA 1988, 211; vgl. auch BAG, 30.08.1995 – Az. 1 ABR 4/95 = NZA 1996, 218; LAG Nürnberg, 03.05.2002 – Az. 8 TaBV 38/01.
[22] BAG, Beschluß vom 14.11.2006 – Az. 1 ABR 4/06 = NZA 2007, 399.