Erlaubtes und Unerlaubtes bei der Online-Öffentlichkeitsarbeit von Betriebs- und Personalräten


CuA - Computer und ArbeitBeitrag in „COMPUTER UND ARBEIT“ – Fachzeitschrift für Betriebs- und Personalräte zu EDV-Einsatz, Mitbestimmung und Datenschutz – April 2005]

Die Gedanken sind frei…

Natürlich darf jeder denken, was er will und – in Artikel 5 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich verbürgt – in der Regel auch sagen und veröffentlichen, was er denkt. Allerdings ist die Ausübung der Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit nicht grenzenlos erlaubt – sie wird beschränkt durch Gesetze. Auch für die Öffentlichkeitsarbeit von Interessenvertretungen im Intranet und im WorldWideWeb gilt es daher einige Besonderheiten zu beachten, die sich zum einen aus den allgemeinen Gesetzen ergeben (also etwa dem Strafgesetzbuch, den Pressegesetzen, den Datenschutzgesetzen, dem Bürgerlichen Gesetzbuch etc.), ganz wesentlich aber auch aus den spezifischen Vorgaben, die das Betriebsverfassungsgesetz bzw. das jeweilige Personalvertretungsgesetz machen. Hauptsächlich die zweite Kategorie soll in diesem Beitrag Gegenstand einer näheren Betrachtung sein. Längst sind Betriebs- und Personalräte hinsichtlich der Informationsvermittlung an die KollegInnen nicht mehr auf schwarze Bretter, Rundschreiben oder Personalversammlungen beschränkt. Inzwischen ist geklärt, dass jedenfalls dort, wo betriebs- bzw. dienststellenintern auch sonst die Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation genutzt werden, diese Form der Informationsvermittlung grundsätzlich auch der Interessenvertretung als für die umfassende und rechtzeitige Unterrichtung der KollegInnen „erforderliches Sachmittel“ zur Verfügung stehen muß (1). Dementsprechend sind e-Mail-Kommunikation, Intra- und Internetnutzung durch Interessenvertretungen inzwischen weit verbreitet. Diese „neue Freiheit“ in Gestalt der neuen Medien führt naturgemäß dazu, dass sich nicht nur die Geschwindigkeit der Informationsverbreitung rapide erhöht hat – auch der potentielle Adressatenkreis, der die Arbeit des Betriebs- / Personalrats zur Kenntnis nimmt, erhöht sich allein schon aufgrund der einfacheren und zeitlich i.d.R. unbeschränkten Verfügbarkeit der Informationen. Das mag aus Sicht der Interessenvertretung positiv sein; für viele Arbeitgeber ist das auch – selten offen eingestanden – ein „Bedrohungspotential“. Umso weniger sollte bei der Online-Veröffentlichungen des Betriebs-/Personalrates Anlaß zu inhaltlichen Beanstandungen geboten werden. Damit ist nun nicht gemeint, dass der Dienstherr mit den konkreten Veröffentlichungen inhaltlich einverstanden sein muß oder gar die gleiche Auffassung vertritt. Es geht vielmehr um die Frage, mit was und in welcher Form die Interessenvertretung überhaupt an die Öffentlichkeit gehen darf – und wie öffentlich das sein darf. Bei der Beantwortung dieser Frage kann man hinsichtlich der Nutzung von Online-Medien zu Publikationszwecken grundsätzlich auf die Regeln zurückgreifen, die durch die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in Mitarbeiterzeitungen u.ä. bereits konkretisiert wurden. Hierbei ist allerdings schon zu Beginn zu beachten, dass bereits zwischen der Homepage im Intranet und der Veröffentlichung von Seiten im Internet – konkret: im World Wide Web – ein entscheidender Unterschied besteht: Während die Veröffentlichung im Intranet wegen der zwangsläufig betriebsintern bleibenden „Öffentlichkeit“ (und damit einer vergleichsweise geringen Reichweite und Verbreitung wie beim Printmedium) eher den Charakter einer (digitalen) Mitarbeiterzeitung aufweist, sind Webseiten von Interessenvertretungen im World Wide Web ebenso zwangsläufig i.d.R. jedermann und somit einem unüberschaubaren Adressatenkreis zugänglich – was ja nicht zuletzt häufig auch einer der Gründe für den Internetauftritt ist. Die Unterrichtung (auch) der außerbetrieblichen Öffentlichkeit über betriebs- oder dienststelleninterne Vorgänge gehört jedoch nach gefestigter Rechtsprechung (2) nicht zu den gesetzlichen Aufgaben einer Interessenvertretung. Soweit es die Betriebsratsarbeit betrifft, hat erst kürzlich das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) im Zusammenhang mit Internetveröffentlichungen eines Betriebsratsmitglieds unter Bezugnahme auf die beiden jüngsten „Intranet-Entscheidungen“ des Bundesarbeitsgerichts (3) noch einmal festgestellt: „Das Internet dient dem Betriebsrat als Informationsquelle und nicht zur Veröffentlichung von Betriebs- und Betriebsratsinterna. […] Weder aus den in Einzelbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes geregelten besonderen Aufgaben und Befugnissen des Betriebsrats noch insbesondere aus der Aufzählung seiner allgemeinen Aufgaben in § 80 Abs. 1 BetrVG noch aus der Generalklausel über die vertrauensvolle Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) ergibt sich eine Befugnis des Betriebsrats, derart von sich aus die außerbetriebliche Öffentlichkeit über innerbetriebliche Vorgänge zu unterrichten“.(4) Sinngemäß gilt dies ebenso für den Bereich der Personalvertretungen. Es gibt daher nicht nur keinen grundsätzlichen Anspruch einer Interessenvertretung, im Internet betriebsbezogene Vorgänge zu veröffentlichen, sondern ein derartiges Vorhaben wird – sofern es gegen den Willen des Arbeitgebers erfolgt – von den Gerichten regelmäßig auch als Verstoß gegen das aus sich dem Betriebsverfassungsgesetz bzw. den Personalvertretungsgesetzen ergebende Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit bewertet – mit der Folge, dass der Betriebs-/Personalrat ggf. auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Es stellt sich in diesem Zusammenhang natürlich häufig konkret die Frage, wie weit der Kreis der „betriebsinternen“ Informationen zu ziehen ist: Daß ein zwischen Interessenvertretung und Arbeitgeber bestehender sachlicher Konflikt ein derartiges Internum ist, liegt auf der Hand; ebenso, dass ein Protokoll über eine Personalratssitzung oder die Schilderung des Verlaufs einer Betriebsversammlung wohl ebenfalls regelmäßig nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Aber bereits die Tatsache, dass eine namentlich genannte Person Betriebsrat in einer Firma ist, ihre dienstliche Telefonnummer oder eine etwaige Gewerkschaftszugehörigkeit sind betriebliche Interna, deren Veröffentlichung von der Rechtsprechung als nicht zulässig angesehen wurde. So entschieden etwa schon vor einer Reihe von Jahren durch das Arbeitsgericht Paderborn (5), das es damals im konkreten Fall mit einer etwas ungewöhnlichen Situation zu tun hatte: Der Betriebsrat hatte die Internetseite nur eingerichtet, weil sich der Arbeitgeber geweigert hatte, ihn am – ansonsten bestens eingeführten und genutzten – Intranet des Unternehmens teilhaben zu lassen und ihm die Einrichtung einer Homepage dort verwehrte. Auf der Web-Seite befasste sich der Betriebsrat dann öffentlich mit der besagten Thematik. Im gerichtlichen Verfahren berief er sich darauf, dass die unberechtigte Verweigerung einer Homepage im Intranet ein Verstoß des Arbeitgebers gewesen sei, der es ihm erlaubt habe, ins Internet auszuweichen. Es sei nicht sein vorrangiges Ziel gewesen, die Öffentlichkeit zu informieren; dies sei ein bloßer Nebeneffekt, den hinzunehmen dem Arbeitgeber aufgrund seiner Verweigerungshaltung zuzumuten sei. Das Gericht sah das anders: Die durch den Arbeitgeber nicht veranlaßte Veröffentlichung von Betriebsinterna sei grundsätzlich unzulässig. Entscheidend sei dabei, dass die Öffentlichkeit per Internet jederzeit die Möglichkeit hat, die verbreiteten Informationen abzufragen. Ob und in welchem Umfange sie diese Möglichkeit tatsächlich nutzt, spiele keine Rolle. Die Arbeitsrichter trafen allerdings im Ergebnis eine salomonische Entscheidung, weil sie zwar dem Unterlassungsantrag des Arbeitgebers stattgaben, diesen jedoch zugleich verpflichteten, dem Betriebsrat eine von diesem selbst zu gestaltende Homepage im Intranet zur Verfügung zu stellen. In dieser grundsätzlichen Frage ist man also auf einen Konsens mit dem Arbeitgeber angewiesen. Die Veröffentlichung betriebsbezogener Informationen allgemeiner Art ebenso wie etwa arbeits- und aufgabenbezogener Daten (Funktionen, Aufgaben, Telefonlisten etc.) auf einer allgemein abrufbaren Internet-Präsenz bedarf stets seiner Genehmigung. Soweit es firmeninterne Vorgänge betrifft, gilt dies so strikt allerdings nur, wenn die fraglichen Fakten tatsächlich noch intern sind und deshalb ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung der „Nichtöffentlichkeit“ besteht. Vorgänge, die in der Öffentlichkeit längst bekannt sind und diskutiert werden, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber selbst sich in der Öffentlichkeit bereits zu bestimmten Maßnahmen oder Vorfällen in der Presse oder den Medien geäußert hat (prominentes aktuelles Beispiel: Die Auseinandersetzungen um die geplante Werksschließung bei Opel in Bochum), sind keine Interna mehr, zu denen die Interessenvertretung sich nicht öffentlich äußern nehmen darf. Sofern die Äußerungen des Arbeitgebers dies im Sinne einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben der Interessenvertretung erfordern, steht ihr in derartigen Fällen grundsätzlich das Recht zu, ihrerseits öffentlich Stellung zu nehmen und zu informieren (6). Im firmeneigenen Intranet dagegen darf grundsätzlich über alle Fragen informiert werden, die die Interessenvertretung selbst, ihre Arbeit und die Arbeitsbedingungen im Unternehmen bzw. in der Dienststelle betreffen. Hier ist – in gewissen Grenzen, auf die gleich noch etwas näher einzugehen sein wird – auch u.U. deutliche Kritik am Arbeitgeber, an wirtschaftlichen oder unternehmenspolitischen Entwicklungen und Entscheidungen des Dienstherrn zulässig. Für die Interessenvertretung reduziert sich bei der Informationsarbeit im Intranet die o.a. Problematik der unbefugten Verbreitung von Firmeninterna auf die Frage, ob im Einzelfall ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 79 Abs. 1 BetrVG vorliegt bzw. eine Schweigepflicht i.S.d. Personalvertretungsgesetzes vorliegt (wie etwa die gem. § 10 Abs. 1 BPersVG gegeben ist. Dies stünde einer Veröffentlichung natürlich entgegen, schon deshalb, weil ein Verstoß gegen die kraft Betriebs- oder Personalratsamtes bestehende Verschwiegenheitspflicht durchaus kein Kavaliersdelikt ist, sondern – neben den arbeitsrechtlichen Szenarien – u.U. auch eine strafrechtliche Ahndung nach sich ziehen kann. Neue technische Verfahren, die Einführung neuer Produkte, Kundenlisten, Absatzplanungen oder wirtschaftliche Kalkulationen etwa, stellen regelmäßig schützenswerte Informationen des Betriebs dar. Eine Pflicht, derartige Fakten nicht öffentlich zu machen, besteht aber nur dann, wenn der Arbeitgeber sie gegenüber der Interessenvertretung ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet hat. Zudem gilt natürlich auch hier wieder der sinngemäß bereits erwähnte Grundsatz: „Was schon jeder weiß, ist kein Geheimnis mehr!“ Es muß im Übrigen stets auch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung bestehen: Nicht alles, was der Arbeitgeber gerne nicht in der Firmenöffentlichkeit erörtert sähe, ist gleich ein Betriebsgeheimnis i.S.d. Gesetzes. Ihm muß im Falle einer Verbreitung der Information ein echter Nachteil, z.B. in Gestalt eines etwaigen finanziellen Schadens drohen; das bloße Interesse daran, nicht „schlecht dazustehen“ reicht grundsätzlich nicht aus. Für den Personalrat ist die Schweigepflicht etwas anders ausgestaltet: Grundsätzlich verpflichten ihn die Personalvertretungsgesetze (so z.B. § 10 Abs. 1 BPersVG) dazu, über alle ihm bei der Wahrnehmung seines Amtes bekanntgewordenen Angelegenheiten und Tatsachen Stillschweigen zu bewahren. Die Schweigepflicht besteht jedoch nicht für solche Fakten, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, § 10 Abs. 2 BPersVG. Im Bereich der Landespersonalvertretungsgesetze existieren ähnliche, teilweise detailliertere Einschränkungen der Schweigepflicht (7). Da die Schweigepflicht vorrangig dazu dient, zu verhindern, dass Dienststellen-Interna „nach draußen“ dringen, wird man den Bereich regelmäßig sehr weit ziehen können, innerhalb dessen eine dienststelleninterne Information der KollegInnen zulässig ist. Die sonstigen Beschränkungen der Grundrechte auf Meinungs- und Pressefreiheit, denen die Interessenvertretung bei ihrer Arbeit durch die allgemeinen Gesetze unterliegt, sind in Intranet und World Wide Web weitgehend identisch. Daß mit Veröffentlichungen nicht gegen Straftatbestände verstoßen werden darf, versteht sich. „Einschlägige Verdächtige“ sind hier häufig § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen), sowie die Beleidigungstatbestände der §§ 185 ff. StGB (Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung). Zu beachten sind weiter die informationellen Grundrechte der KollegInnen: Die Veröffentlichung jeglicher persönlicher Daten – sei es mit und ohne beruflichen Bezug (z.B. Ausbildung, Qualifikation, Hobby etc) – bedarf stets der vorherigen Einwilligung der betroffenen Person. Entsprechendes gilt für Fotos (8). Für die veröffentlichten Inhalte gilt sodann, dass sie grundsätzlich dem Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) unterstehen (9). Auch aus dem gesetzlich normierten (§ 78 S. 1 BetrVG / §§ 8, 107 BPersVG) Behinderungsverbot ergibt sich, dass die Tätigkeit des Betriebsrats vom Arbeitgeber nicht durch das Verbot missliebiger Äußerungen beeinträchtigt werden darf. Andererseits müssen sich die Veröffentlichungen der Interessenvertretung jedoch auch mit den gesetzlich geschützten Rechtspositionen des Betriebsfriedens und der vertrauensvollen Zusammenarbeit in Einklang bringen lassen (10). Es bedarf also im Konfliktfall immer einer Abwägung, wessen schützenswertes Interesse in der konkreten Situation schwerer wiegt. Anerkanntermaßen dürfen von einer Interessenvertretung in der Betriebsöffentlichkeit auch negative Urteile über die Gegenseite zum Ausdruck gebracht und im Interesse von Betrieb und Belegschaft zur Diskussion gestellt werden (11). Grenzen sind der Äußerungsfreiheit und der Wahrnehmung berechtigter Interessen aber unzweifelhaft dort gesetzt, wo es sich ausschließlich um polemische, beleidigende oder verunglimpfende Inhalte handelt. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist auch dann gestört, wenn sachlich falsche oder böswillig abwertende Behauptungen aufgestellt werden, die geeignet sind, einen der Betriebspartner in den Augen der Belegschaft herabzusetzen (12). Ein weiteres Problemfeld sind (allgemein-)politische Anliegen der Interessenvertretung. Gem. § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG / § 67 Abs. 1 S. 3 BPersVG haben sich beide Seiten jeder parteipolitischen Betätigung im Betrieb zu enthalten. Von diesem Verbot ausgenommen sind Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer und wirtschaftlicher Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen (13). Das Bundesarbeitsgericht hat den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen in einer Grundsatzentscheidung im Jahr 1986 (14) sehr weit gezogen und dabei dem Betriebsfrieden den Vorrang vor der Meinungsäußerungsfreiheit eingeräumt: „Entsprechend diesem Zweck der Vorschrift ist deshalb der Begriff „Parteipolitik“ weit auszulegen. Verboten ist dem Betriebsrat danach jede Betätigung für oder gegen eine politische Partei, wobei es sich nicht nur um eine Partei im Sinne von Art. 21 GG und des Parteiengesetzes zu handeln braucht; vielmehr genügt eine politische Gruppierung, für die geworben oder die unterstützt wird. Erfaßt wird von dem Verbot mithin auch das Eintreten für oder gegen eine bestimmte politische Richtung. Dabei ist jede politische Betätigung verboten, weil alle politischen Fragen, gleichgültig, ob es sich um solche der Außen- oder Innenpolitik, der äußeren oder inneren Sicherheit, der Kultur, der Arbeit oder der Freizeitgestaltung handelt, in den Bereich parteipolitischer Stellungnahmen fallen.“ Damit fallen in der Sichtweise der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung tatsächlich alle politischen Betätigungen unter das Verbot, also entgegen dem Wortlaut auch die allgemeinpolitischen. Die Interessenvertretung darf folglich zu politischen Fragen und Ereignissen, die nicht im direkten Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen, grundsätzlich keine Stellungnahmen veröffentlichen, Maßnahmen initiieren oder z.B. via Homepage eine entsprechende Meinungsumfragen im Betrieb realisieren. Dies gilt streng genommen selbst für solche allgemeinpolitische Anliegen, über die gesellschaftlich Konsens herrscht. Allerdings dürfte es in der Praxis wohl nicht so schnell vorkommen, dass ein Arbeitgeber seinen Betriebsrat wegen eines Aufrufs zur Teilnahme an einer Demo gegen Fremdenfeindlichkeit auf Unterlassung in Anspruch nimmt… Zuletzt noch zwei grundsätzliche Anmerkungen im Hinblick auf persönliche Veröffentlichungen von InteressenvertreterInnen – etwa im Rahmen eines Redaktionsrechts eines CMS für eine Homepage: Betriebsratsmitglieder sind abseits der beschriebenen Beschränkungen in ihrer Meinungsäußerung grundsätzlich frei – auch von etwaigen Weisungen des Gremiums „Betriebsrat“. Sie dürfen daher über Sitzungen und Beschlüsse berichten, darüber, dass sie in einer bestimmten Frage abweichend von der Mehrheit beschlossen haben oder dass die KollegInnen einem eigenen Vorschlag nicht folgen wollten. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn durch die fragliche Veröffentlichung Ziele des Betriebsrats gefährdet würden und seine Arbeit damit beeinträchtigt wird. Bei Personalratsmitgliedern ist dies anders. Beratungen sind nicht öffentlich; über sie, ebenso über das Abstimmungsverhalten der Beteiligten darf grundsätzlich nichts veröffentlicht werden. Bekanntgemacht werden dürfen natürlich die gefassten Beschlüsse selbst sowie die Abstimmungsergebnisse. Last but not least: Es wurde bereits erwähnt, dass die grundrechtlich garantierte Meinungs- und Pressefreiheit dort ihre Grenzen hat, wo eine Äußerung gegen Strafgesetze verstößt. Damit hat es hinsichtlich öffentlich geäußerter Meinungen über den Arbeitgeber allerdings nicht sein Bewenden: Auch eine möglicherweise nicht strafbare, jedoch z.B. ausfallende persönliche Kritik eines Arbeitnehmers am Arbeitgeber kann durchaus als Verletzung einer arbeitsvertraglichen (Neben-) Pflicht qualifiziert werden. Denn im Arbeitsverhältnis treffen die Parteien beiderseits spezifische Nebenpflichten: Den Arbeitgeber etwa die Fürsorgepflicht – aber ebenso auch den Arbeitnehmer eine grundsätzliche Loyalitätspflicht. Letztere verbietet eine herabsetzende öffentliche Bewertung des Arbeitgebers durch seine Angestellten – mag sie in der Sache vielleicht auch durchaus einmal gerechtfertigt sein…

Fußnoten:

1) So bereits das Arbeitsgericht Paderborn, Beschluß v. 29.01.1998 (Az.: 1 BV 35/97); zuletzt: Bundesarbeitsgericht, Beschlüsse v. 03.09.2003 (Az.: 7 ABR 8/03 und 12/03). 2)Grundlegend: Bundesarbeitsgericht, Beschl. v. 18.09.1991 – ABR VII 63/90 = AP Nr. 40 zu § 40 BetrVG 1972. 3) Bundesarbeitsgericht, Beschlüsse v. 03.09.2003 – 7 ABR 8/03 und 12/03 = NZA 2004,278 und 280. 4) Hessisches LAG, Beschluss v. 15.07.2004 (Az.: 9 TaBV 190/03). 5) Arbeitsgericht Paderborn, Beschluß v. 29.01.1998 (Az.: 1 BV 35/97). 6) Bundesarbeitsgericht, Beschluß v. 18.09.1991 (Az.: ABR VII 63/90) = AP Nr. 40 zu § 40 BetrVG 1972. 7) Eine Übersicht mit Volltexten gibt es z.B. unter: http://www.strassenwaerter.de/personalvertretungsgesetze%20indeutschland.htm 8) Deren Veröffentlichung daneben natürlich auch urheberrechtlich zulässig sein muß – hierzu: Beitrag „Portraitfotos im Internet“ in CF 10/2004, S. 27 ff. 9) Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 08.10.1996 (Az.: 1 BvR 1183/90) – BVerfGE 95,28 = NJW 1997,386. 10) Hessisches LAG, Beschluss v. 15.07.2004 (Az.: 9 TaBV 190/03). 11) Hessisches LAG, Urteil v. 02.05.2003 (Az.: 12 Sa 742/01). 12) LAG Niedersachsen, Urteil v. 06.04.2004 (Az.: 1 TaBV 64/03). 13) § 74 Abs. 2 S. 3, 2. HS BetrVG bzw. § 67 Abs. 1 S. 3, 2. HS BPersVG. 14) Bundesarbeitsgericht, Beschluß v. 12.06.1986 (Az.: 6 ABR 67/84) – „Raketen-Entscheidung“. § § § Autor: Jan A. Strunk ist Rechtsanwalt in Kiel mit den Tätigkeitsschwerpunkten EDV-, Internet- und Multimedia-Recht, Recht des gewerblichen Rechtsschutzes und Arbeitsrecht und schleswig-holsteinischer Regionalbeauftragter der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie im Deutschen AnwaltVerein (DAV). Kontakt: Rechtsanwälte Prof. Dr. Weiß Kreitz Strunk, Deliusstraße 27, 24114 Kiel; e-Mail: strunk@kielanwalt.de; Internet: www.kielanwalt.de