Die Interessenvertretung und das Pressegesetz

Dass Tageszeitungen ein Impressum haben müssen, ist allgemein bekannt. Weniger schon, was genau darin aufgeführt sein muss – und richtig schwierig wird es zuweilen, wenn sich die Frage stellt: Welche anderen Veröffentlichungen brauchen denn eigentlich auch so etwas?

Wie sieht es z.B. mit betriebsbezogenen Publikationen von Interessenvertretungen aus?

In einem Beitrag für die Januar-Ausgabe 2009 der Fachzeitschrift “Computer und Arbeit”(CuA) geht Rechtsanwalt Strunk diesen Fragen nach:

Zunächst lässt sich natürlich feststellen, dass das Thema „Presse“ gesetzlich geregelt ist: Mit Ausnahme der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland gelten in Deutschland länderspezifische Landespressegesetze [1], die Vorschriften zu Aufgabe und den Rechten der „Presse“ ebenso enthalten, wie u.a. etwa zu den persönlichen Anforderungen an die Verantwortlichen oder eben auch zu den Impressumspflichten.

Der Begriff der Presse ist übrigens weit gefasst zu verstehen: Er meint nicht nur das, was schwarz auf weiß produziert wird, sondern auch bereits die Tätigkeit zur Herstellung dieser Produkte.

Pressetätigkeit ist daher nicht nur die eigentliche redaktionelle Arbeit, sondern jede Tätigkeit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung einschließlich aller kaufmännischen und technischen Hilfsfunktionen.

Alle Tätigkeiten, die in funktionalem Zusammenhang mit der Erstellung von Presseerzeugnissen stehen, unterliegen grundsätzlich den Vorschriften des Presserechts.

Und: Soweit es die beteiligten Personen betrifft, müssen diese keineswegs „Profis“ sein: Ob sie entgeltlich oder unentgeltlich, mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht, in selbständiger oder abhängiger Stellung, beruflich oder nebenberuflich handeln, spielt keine Rolle. Die presserechtlichen Vorschriften erstrecken sich auch auf rein aufgabenbezogene Öffentlichkeitsarbeit; auch der Betriebs- bzw. Personalrat kann folglich „Presse“ sein.

Im ersten gedanklichen Schritt wäre im Ausgangsbeispiel somit zunächst zu klären, ob denn die Betriebsratszeitung ein „Presseerzeugnis“ ist und daher vom  Anwendungsbereich der Pressegesetze erfasst wird.

Sehen wir uns hierzu einmal die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben am Beispiel des schleswig-holsteinischen Landespressegesetzes (LPG-SH) an. Die Regelungen der übrigen Bundesländer sind an den maßgeblichen Stellen weitestgehend inhaltsgleich, so dass die nachfolgenden Feststellungen auch für Veröffentlichungen von Interessenvertretungen in anderen Bundesländern Gültigkeit besitzen [2].

§ 6 LPG-SH regelt den Grundsatz, dass dem Pressegesetz alle „Druckwerke“ unterfallen und nimmt auch gleich eine Gesetzesdefinition dieses Begriffs vor:

  • (1) Druckwerke im Sinne dieses Gesetzes sind alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochene Tonträger, bildliche Darstellungen mit und ohne Schrift, Bildträger und Musikalien mit Text oder Erläuterungen.

Es ist offensichtlich, daß unsere Betriebsratszeitung ein wesentliches Kriterium unproblematisch erfüllt: Sie wird im Normalfall sicherlich mittels eines zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens erstellt. Anders läge es nur dann, wenn es sich bei den fraglichen Publikationen lediglich um Abschriften, Schreibmaschinendurchschriften oder von Hand hergestellte Kopien handelte.

Schwieriger ist es da schon mit der zweiten Anforderung, die das Pressegesetz aufstellt: Das betreffende Druckwerk müsste auch „zur Verbreitung bestimmt“ sein. Daran könnte man im Fall einer lediglich für die Mitarbeiter(inne)n des Betriebs bestimmten und lediglich dort verteilten Publikation zweifeln, weil diese nicht jedermann zugänglich ist und nicht öffentlich verbreitet wird.

Presserechtlich ist das jedoch im Ergebnis nicht erheblich: Mit dem Begriff der „Verbreitung“ ist die Überlassung des Werks an einen größeren Personenkreis gemeint. Das ist immer dann der Fall, wenn der Kreis der Empfänger vom „Absender“ personell nicht mehr kontrolliert werden kann, mag auch der Kreis grundsätzlich bestimm- bzw. abgrenzbar sein – wie etwa bei einem Betrieb.

Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob (auch) eine öffentliche Verbreitung vorliegt: Sofern im konkreten Einzelfall eine hinreichend große potenzielle Betriebsöffentlichkeit vorhanden ist bzw. Nachfrage erwartet wird (Indiz: Auflage), wird man regelmäßig von einer Verbreitung i.S.d. Pressegesetze ausgehen müssen.

Insoweit ist auch unerheblich, ob –  etwa wegen regelmäßigen Publikumsverkehrs im Betrieb – noch die zusätzliche Möglichkeit zur Kenntnisnahme auch durch die Öffentlichkeit besteht. Sobald gedruckte Informationen nicht nur an einzelne, im Vorhinein genau festgelegte Personen verteilt werden, ist der Anwendungsbereich der Pressegesetze eröffnet.

Nun enthält § 6 LPG-SH allerdings noch eine kleine „Hintertür“. Bestimmte „harmlose“ Druckwerke sind aus dem Anwendungsbereich des Pressegesetzes ausgenommen:

  • (3) Den Bestimmungen dieses Gesetzes über Druckwerke unterliegen nicht
    1.    amtliche Druckwerke, soweit sie ausschließlich amtliche Mitteilungen enthalten,
    2.    die nur Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckwerke wie Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen, Familienanzeigen, Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte und dergleichen sowie Stimmzettel für Wahlen.

Aber auch die – hier allenfalls in Frage kommende – Regelung unter Nr. 2 ergibt für unsere Betriebsrats-Publikation kein anderes Ergebnis:

Sobald und soweit Informationen herausgegeben werden, die meinungsbildende(n) Eignung bzw. Zweck haben – und das wird man bei einer herkömmlichen Betriebsratszeitung stets annehmen dürfen – kommt dieser Ausschlusstatbestand nicht in Betracht, da es dann nicht mehr um bloße Information bzw. Werbung geht.

Nachdem geklärt ist, dass ein Druckwerk i.S.d. Gesetzes vorliegt, folglich die Bestimmungen der Pressegesetze Anwendung finden, wenden wir uns den Regelungen zum Impressum zu.

§ 7 LPG-SH legt dazu fest:

  • (1) Auf jedem im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckwerk müssen Name oder Firma und Anschrift der Druckerin oder des Druckers und der Verlegerin oder des Verlegers, beim Selbstverlag der Verfasserin oder des Verfassers oder der Herausgeberin oder des Herausgebers, genannt sein.
  • (2) Auf den periodischen Druckwerken sind ferner der Name und die Anschrift der verantwortlichen Redakteurin oder des verantwortlichen Redakteurs anzugeben. Sind mehrere Redakteurinnen oder Redakteure verantwortlich, so muss das Impressum die in Satz 1 geforderten Angaben für jede oder jeden von ihnen enthalten. Hierbei ist kenntlich zu machen, für welchen Teil oder sachlichen Bereich des Druckwerks jede oder jeder einzelne verantwortlich ist. Für den Anzeigenteil ist eine Verantwortliche oder ein Verantwortlicher zu benennen; für diese oder diesen gelten die Vorschriften über die verantwortliche Redakteurin oder den verantwortlichen Redakteur entsprechend.

Zum einen ist also vorgeschrieben, dass jedes Druckwerk eine Ursprungs- und Herkunftsbezeichnung enthält: Der Verleger bzw. Herausgeber der Betriebsratspublikationen („Betriebsrat der Fa. XYZ“) aber auch der Druckereibetrieb müssen mit Namen bzw. Firma  und Anschrift aufgeführt werden.

Zum anderen verlangt das Gesetz in Absatz 2 für die sog. „periodischen“ Druckwerke aber noch zusätzliche Angaben – nämlich die namentliche Bezeichnung weiterer Verantwortlicher.

Ein Druckwerk wird nach den Pressegesetzen der Bundesländer als „periodisch“ angesehen, wenn es ständig, sei es auch unregelmäßig, und in Abstand von nicht mehr als sechs Monaten erscheint. Auch das LPG-SH (§ 6 Abs. 4) verwendet diese gesetzliche Definition.

Sofern die Betriebsratszeitung aus unserem Ausgangsbeispiel also entweder regelmäßig mindestens zweimal im Jahr erscheint oder aber (bei häufigerem, aber unregelmäßigem Erscheinen) der zeitliche Abstand zwischen einzelnen Ausgaben nicht sechs Monate überschreitet, ist von einem periodischen Druckwerk auszugehen.

Dementsprechend ist dann zusätzlich zu den stets notwendigen Angaben sowohl für den redaktionellen Teil der verantwortliche Redakteur, als auch – sofern vorhanden –  für den Anzeigenteil der dafür Verantwortliche aufzuführen.

Dies gilt übrigens auch dann, wenn die Betriebsratszeitung u.U. nicht separat erscheint, sondern z.B. als Beilage zu einer Unternehmenspublikation oder einer fremden Zeitung:

Besteht ein Druckwerk aus verschiedenen selbständigen Teilen, so gilt für jeden Teil eine selbständige Impressumspflicht. Entscheidend ist dabei die äußere Aufmachung. Sonderbeilagen sind daher in aller Regel selbständige Druckwerke, insbesondere dann, wenn die Beilage von einem Dritten (in unserem Beispiel ausschließlich vom Betriebsrat) redigiert und inhaltlich verantwortet wird.

Publikationen der Interessenvertretung unterliegen also regelmäßig den Regularien der Pressegesetze, auch soweit es sich lediglich um innerbetriebliche „Öffentlichkeitsarbeit“ handelt.

Sie müssen ein Impressum aufweisen sowie – wenn es sich um wiederkehrende Veröffentlichungen handelt –einen inhaltlich verantwortlichen Redakteur (und ggf. einen Anzeigenverantwortlichen) benennen.

[1] Die genannten Länder haben dagegen eigenständige Landesmediengesetze, in denen auch die Presse – im wesentlichen gleichlautend zu den entsprechenden Passagen der Pressegesetze – „mitgeregelt“ ist.

[2] Eine Übersicht zu den Texten der Landespressegesetze nebst weiteren Infos findet sich z.B. unter www.presserecht.de.