Automatisierte Kennzeichenfahndung: Keine echte Datenlöschung

Das Polizeipräsidium Brandenburg hat zu der Beanstandung wegen der automatischen Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus inzwischen Stellung genommen. Nach einer ersten Auswertung und zwei Kontrollbesuchen vor Ort gelangt die Landesbeauftragte zum Ergebnis, dass die Polizei von einer Beseitigung der beanstandeten Datenschutzverstöße derzeit noch weit entfernt ist.

Positiv anzumerken ist, dass sich die Polizei an 35 Staatsanwaltschaften in 13 Ländern sowie an den Generalbundesanwalt gewandt hat, um eine Reduzierung des Bestands der gespeicherten Kennzeichendaten zu erreichen. Die angefragten Behörden sollen mitteilen, ob sie die für dortige Ermittlungsverfahren gespeicherten Kennzeichendaten noch benötigen – dann würde die brandenburgische Polizei sie ihnen bereitstellen. Solange noch nicht alle Rückmeldungen vorliegen, wird sie die nicht mehr benötigten Daten aber nicht löschen können.

Weiterhin gibt das Polizeipräsidium einerseits an, die Daten auf dem KESY-Server gelöscht zu haben. Konkret handelt es sich jedoch nur um solche, die bis zum 19. Juni 2019 erhoben wurden. Einen Nachweis für die Löschung auf dem Server – zum Beispiel in Form eines technischen Protokolls – konnte die Behörde nicht vorlegen. Andererseits hat das Polizeipräsidium den kompletten, bis zum 19. Juni 2019 angefallenen Datenbestand zuvor auf andere Speichermedien übertragen, um den angefragten Staatsanwaltschaften die benötigten Daten übermitteln zu können. Dagmar Hartge:

„Für die vielen unbeteiligten Autofahrerinnen und Autofahrer bedeutet das Vorgehen der Polizei, dass der Eingriff in ihre Datenschutzrechte erst einmal weiterbesteht. Ihre Daten liegen immer noch vor – neuerdings aber auf Magnetbändern und nicht mehr auf einem Server. Eine tatsächliche Löschung sieht anders aus.“

Hinzu kommt, dass die Polizei das Verfahren auf der Grundlage einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung nahezu unverändert weiterbetreibt. Die Daten werden seit dem 20. Juni 2019 vollständig gespeichert. Das Polizeipräsidium benennt technisch-organisatorische Maßnahmen, die es umzusetzen beabsichtigt. Ob diese ausreichen werden, um den datenschutzrechtlichen Anforderungen zu genügen, lässt sich ohne detailliertere Informationen derzeit noch nicht einschätzen. Zu den Auskunftsrechten für die von der Datenspeicherung betroffenen Personen verweist das Polizeipräsidium auf den Ausgang eines am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg anhängigen Beschwerdeverfahrens. Offen ist jedoch, wann bzw. ob dort eine Entscheidung getroffen wird, die konkrete Auswirkungen auf das Verfahren bei der Polizei hat. Insofern ist es dringend erforderlich, dass die Polizei eine eigene Konzeption entwickelt, um die Rechte Betroffener durch Transparenz zu wahren.

Dessen ungeachtet hält die Landesbeauftragte ihre Zweifel daran aufrecht, ob die Regelung des § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Strafprozessordnung, wie von der Polizei angenommen, eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Einsatz der automatisierten Kennzeichenerfassung im Aufzeichnungsmodus darstellt.

Die Pressemitteilungen der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg können hier abgerufen werden.