Alles nur geklaut? Die „sozialen Netzwerke“ und das Urheberrecht


CuA 2013/03

In der März-Ausgabe 2013 der Fachzeitschrift „Computer und Arbeit“ (CuA) ist nun der 2. Teil meiner Beitragsreihe zu den rechtlichen Problemfeldern bei der Nutzung sozialer Netzwerke durch Unternehmen und ihre Mitarbeiter erschienen.

Er stellt die wesentlichen grundsätzlichen urheberrechtlichen „Spielregeln“ im Überblick dar, befasst sich mit einigen spezifischen (urheber-)rechtlichen Problemen bei der Kommunikation & Publikation via Twitter, Facebook, Google+ & Co. und gibt dabei (hoffentlich!) u.a. Antworten auf folgenden Fragestellungen:

– Welche Regelungen des Urheberrechts auch im Internet gelten
– Was Urheberrechte für das „Teilen“ von Inhalten im Web 2.0 bedeuten
– Wie in den sozialen Medien rechtssicher veröffentlicht werden kann

Alles nur geklaut?

Die „sozialen Netzwerke“ und das Urheberrecht

Das „Social Web“ stellt Belegschaftsvertretungen vor neue Herausforderungen. Das hat der erste Teil dieser Artikelreihe [CuA 2012, Ausgabe 10, S. 11 ff.] eindrücklich gezeigt.

Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht das Urheberrecht. Unternehmen und deren Mitarbeiter, die die sozialen Medien nutzen, können darüber Daten blitzschnell und einfach kopieren, verändern und weltweit austauschen. Rein technisch ist der oft beschworene „freie Fluss der Informationen“ also längst möglich.

Aber nicht alles, was technisch möglich ist, ist rechtlich erlaubt. Eine der Grenzen des Informationsflusses ist das Urheberrecht. Der Autor erläutert die zu beachtenden rechtlichen Grundlagen. So lassen sich Rechtsverstöße von vornherein vermeiden. 

Aktuell sorgte die Abmahnung eines Facebook-Nutzers für mediale Aufmerksamkeit und öffentliche Diskussionen. Der Abgemahnte hatte einen Beitrag mit seinen Netzwerk-Freunden „geteilt“ („geshared“) und dabei eines der vom System zur Weiterverbreitung mit angebotenen Vorschaubilder verwendet. Denn Dienste wie Facebook, Pinterest oder auch Google+ übernehmen beim Verlinken einer Website automatisiert auch dort vorhandene Bilder (meist als Miniaturansichten, sogenannte Thumbnails). An diesem Vorschaubild bestanden jedoch fremde Urheberrechte. Deren Inhaber hatte in diese Verwendung nicht eingewilligt. Er sah die Verwendung – also das „Teilen“ – als rechtswidrig an und ließ dem Verwender eine anwaltliche Unterlassungsaufforderung nebst Schadensersatzforderung in vierstelliger Höhe zukommen.

Ob der Rechteinhaber seine Ansprüche durchsetzen kann, ist juristisch umstritten und gerichtlich noch nicht entschieden.

Rechtlich unstreitig ist Folgendes:

Die Vorschaubilder sind geschützte Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Kopiert der jeweilige Nutzer diese in ein soziales Netzwerk, handelt es sich im Sinne des UrhG um ein „Vervielfältigen“ (§ 16 UrhG) und um ein „öffentliches Zugänglichmachen“ (§ 19a UrhG).

Beide Vorgänge erfordern  grundsätzlich die ausdrückliche Einwilligung des Urhebers oder eines andere Rechteinhabers, ansonsten verstößt der Nutzer der Bilder gegen das UrhG. Unterlässt es der Nutzer dann noch, die kopierten Bilder mit Angaben zum Urheber zu versehen, liegt darin zusätzlich ein Verstoß gegen das „Recht auf Namensnennung“ (§ 13 UrhG).

Doch ausnahmsweise könnte beim „Teilen von Vorschaubildern“ über soziale Netzwerke eine ausdrückliche Erlaubnis entbehrlich sein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu 2011 eine kontrovers beurteile Entscheidung veröffentlicht.[1] Die Richter hatten damals die ungefragte Nutzung fremden Bildmaterials durch die Google-Bildersuche gerechtfertigt, da sie die automatisierte Erfassung und Verbreitung durch Google als allgemein bekannte und gängige Praxis eingeordnet hatten.

Der BGH hatte vor diesem Hintergrund eine „konkludente Einwilligung“ desjenigen unterstellt, der auf einer (suchmaschinenoptimierten) Internetseite eigenes Bildmaterial einstellt und dabei keine Vorkehrungen trifft, die ein automatisches „Auslesen“ von Bildmaterial auf seiner Webseite verhindern.[2]

Teilen von Inhalten

Ob die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze auf geteilte Vorschaubilder bei Facebook direkt übertragbar sind, ist umstritten. In den Fällen, in denen das Teilen eines Beitrags durch „Empfehlungsschaltflächen“ des sozialen Netzwerks auf der Website des Rechteinhabers veranlasst wurde, ist von einem Einverständnis zum Verbreiten auch des Bildes auszugehen. Es wäre höchst widersprüchlich (und juristisch gesehen dann rechtsmissbräuchlich, also unzulässig), wenn bei dieser Sachlage ein Rechteinhaber eine Urheberrechtsverletzung gegen jemanden geltend macht, der lediglich dieser Aufforderung zum „Teilen“ folgt.

Das Verbreiten fremder Inhalte erfolgt aber nicht nur durch Empfehlungsschaltflächen. Und die grundsätzliche Annahme einer konkludenten Einwilligung betrifft nur den in der Entscheidung des BGH dargestellten Sachverhalt des Teilens der Vorschaubilder; die Annahme einer konkludenten Einwilligung ist nicht verallgemeinerungsfähig und nicht ohne weiteres analog auf andere Sachverhalte zu übertragen.

Bei der aktuell stark diskutierten Frage, ob künftig ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Verlage eingeführt werden soll, geht es nicht um Bilder, sondern um Texte bzw. Textteile – oft sogar um solche Textteile, an denen kein Urheberrecht besteht, siehe unten im Beitrag.

Dieses Leistungsschutzrecht hätte zur Folge, dass künftig selbst kurze Ausschnitte aus Texten („Snippets“), die bisher erlaubnisfrei unter anderem von Suchmaschinen verbreitet werden durften, lizenzpflichtig werden – und damit nicht mehr beliebig verbreitet werden dürften.[3]

Nun macht aber das Weiterverbreiten von Inhalten mit anderen einen ganz wesentlichen Teil des Charakters und der alltäglichen Kommunikation in sozialen Netzwerken aus.[4]

Verwertungsinteresse vs. Sozialbindung

Sind die (urheber-)rechtlichen Fallstricke im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Medien also so zahlreich, dass man davon lieber gleich die Finger lassen sollte? Ist das Risiko, sich als Laie in einer unüberschaubaren Rechtslage falsch zu verhalten und sich unter Umständen hohen Schadensersatzforderungen oder anderen rechtlichen und persönlichen Nachteilen auszusetzen, nicht zu groß?

Ganz objektiv lautet die Antwort auf beide Fragen: Nein[5]. Sicher nicht[6].

Bereits das Eingangsbeispiel macht aber deutlich, dass das vor langer Zeit konzipierte und heute in wesentlichen Grundzügen noch geltende Urheberrechtsgesetz für einen Anwendungsbereich und einen Adressatenkreis gemacht wurde, die es so – seit Beginn des digitalen Zeitalters – nicht mehr gibt.

War früher das Veröffentlichen von Inhalten Unternehmen, Verlagen oder Künstlern – also kommerziell Tätigen – vorbehalten und erforderte den Einsatz erheblicher sachlicher und finanzieller Mittel, kann heutzutage jeder technisch minimal begabte Privatnutzer mit PC und Internetanschluss Inhalte aller Art öffentlich verbreiten – über E-Mails, Handy-Fotos oder Facebook-Einträge.

Das ehemals nur Wenige tangierende Urheberrecht reicht inzwischen weit in den privaten Nutzungsbereich hinein.  Für das Gros dieser User sozialer Medien geht es bei der Nutzung von Inhalten mehr um Kommunikation als um Kommerz, den das UrhG reglementieren wollte.

Für eine ganze Reihe im Web 2.0 mittlerweile üblicher Veröffentlichungspraktiken und Kommunikationsformen passen zentrale Normen des Urheberrechtsgesetzes nicht mehr.

Vieles, was inzwischen technisch unaufwendig und oft praktisch mit nur einem „Klick“ möglich ist, ist nach geltendem Recht formell verboten, obwohl es seiner Zielsetzung und Auswirkung nach gar nicht in den Bereich fällt oder bei Weitem nicht die Intensität der Beeinträchtigung entfaltet, die der Gesetzgeber vor Augen hatte.

Urheber immer weiter gestärkt

Die auf vielen Ebenen erkennbaren gesetzgeberischen Bestrebungen, das „analoge“ Recht auch „im Internet“ durchsetzen zu wollen, haben in den letzten eineinhalb Jahrzehnten zu einer zunehmenden Verschärfung des Urheberrechts geführt. Die Verwertungsrechte wurden überproportional gestärkt. Anstelle eines angemessenen Interessenausgleichs wurden gegenüber den nicht gewerbsmäßigen Nutzerinteressen – die Verwertungsinteressen (möglicherweise zu einseitig) bevorzugt.

Eine angemessene Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gebots „Eigentum verpflichtet“ wurde vernachlässigt. Das droht unter anderem dazu zu führen, dass die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Kommunikations- und Informationsgrundrechte Dritter unangemessen beeinträchtigt werden.

Diese Ungleichgewichtung der Interessen führt zu einem gesellschaftlichen Akzeptanzproblem, weil alltägliche, nicht kommerzielle Handlungen mit rein privatem Charakter plötzlich Rechtsverstöße mit wirtschaftlichem Ausmaß sein sollen.

Sie hat auch einen von verschiedenen Seiten zunehmend polemischer geführten Richtungsstreit darüber ausgelöst, welche geltenden Regeln des Urheberrechts auf die Kommunikationssachverhalte in sozialen Medien anzuwenden sind[7] und welche Regeln zum Schutz des sogenannten geistigen Eigentums künftig neu zu schaffen sein mögen.

Ein großer Teil der immer wieder auftauchenden Probleme beruht aber weniger auf unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen[8], sondern – da hat sich seit den Anfängen des WWW wenig geändert – auf schlichter Unkenntnis oder gefährlichem „Halbwissen“.

„Legenden“ des Urheberrechts

Der Klassiker in dem Bereich ist etwa der Glaube, ein Urheberrecht oder ein sonstiger Rechtevorbehalt an Inhalten müsse für Dritte kenntlich gemacht sein – womöglich mit einem „©“. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Entstehen des deutschen Urheberrechts ist nicht an irgendwelche formellen Voraussetzungen – wie etwa den aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis bekannten Copyright-Vermerk – gebunden. Unerheblich ist daher für den  urheberrechtlichen Schutz eines Werks ein darauf befindlicher Vermerk. Dieser Schutz entsteht bereits originär mit und wegen der Fertigstellung.

Ein weiterer Irrglaube ist, dass auch in Deutschland der anglo-amerikanische Rechtsgrundsatz des „Fair Use“ existiert. Nach diesem sind bestimmte, nicht autorisierte Nutzungen von geschütztem Material zulässig, sofern sie der „öffentlichen Bildung“ und der „Anregung geistiger Produktionen“ dienen.[9] Diesen Grundsatz gibt es im deutschen Urheberrecht nicht.[10] Entsprechend kommt es nach geltendem Recht bei der Beurteilung der urheberrechtlichen Zulässigkeit auch nicht darauf an, ob eine Nutzung „fairerweise“ erlaubt sein müsste, etwa, weil sie keine unzumutbare Beeinträchtigung des Rechteinhabers darstellt.[11]

Oft anzutreffen ist auch die Ansicht, dass man nicht haftet, wenn man nicht wissen konnte, fremde Urheberrechte zu verletzten. In der Tat setzt ein Schadensersatzanspruch wegen Urheberrechtsverletzung gemäß § 97a Abs. 2 UrhG grundsätzlich schuldhaftes Verhalten voraus. Ein „verschuldensunabhängiger“ Unterlassungsanspruch kann von dem Rechteinhaber  aber mit Hilfe einer Abmahnung geltend gemacht werden (§ 97a Abs. 1 UrhG). Die möglicherweise erheblichen Abmahnkosten trägt grundsätzlich nicht nur derjenige, der bewusst gegen die Regelungen des UrhG verstößt, sondern auch derjenige, der es möglicherweise nicht besser wissen konnte.

Das Problem fehlender Rechtskenntnisse für die Nutzer von sozialen Netzwerken wird durch deren (vor allem bei Facebook und Google+) selbstgesetzte rechtliche Rahmenbedingungen (das „Kleingedruckte“) verschärft. Diese sind umfangreich, schwer verständlich und gut versteckt, daher dem „Normaluser“ in der Regel unbekannt. Sie beinhalten jedoch teils sehr weitreichende Erlaubnisse und Rechteeinräumungen für den Plattformbetreiber sowie Pflichten für die Nutzer.[12]

Zumindest gegen das Nichtwissen lässt sich etwas tun – es ist also jedem User dringend anzuraten, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorab gründlich zu lesen.

Basics zum Urheberrecht

Sehen wir uns also im Überblick die grundsätzlichen „Spielregeln“ des geltenden deutschen Urheberrechts an:

  • Der urheberrechtliche Schutz beginnt unabhängig vom Veröffentlichen (§ 6 Abs. 1 UrhG) oder Erscheinen des Werks (§ 6 Abs. 2 UrhG) bereits mit dessen Schöpfung und endet regelmäßig 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG). Bei Werken, die von mehreren Urhebern geschaffen sind, berechnet sich die Frist nach dem Tode des Längstlebenden (§ 65 Abs. 1 UrhG).
  • Entgegen einem verbreiteten Irrtum kann „das Urheberrecht“ als solches nicht übertragen werden, § 29 Abs. 2 UrhG. Übertragbar sind nach § 31 Abs. 1 UrhG lediglich Nutzungsrechte. Diese können beliebig aus den wirtschaftlichen Verwertungsrechten gemäß §§ 15 ff. UrhG „zusammengestellt“ und im Umfang festgelegt werden, zum Beispiel als ausschließliches und übertragbares (= „keiner sonst darf das, aber ich darf es anderen erlauben“) oder lediglich als einfaches, nicht übertragbares Recht (= „andere dürfen das auch und ich darf es niemand anderem erlauben“).
  • Der allgemeingültige Grundsatz beim Gebrauch fremder Werke lautet (anders als nach der geschilderten BGH-Entscheidung zu vermuten): „Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten!“ Fremde Inhalte sind stets rechtlich geschützt und dürfen ohne vorherige Einwilligung des Rechteinhabers grundsätzlich nicht veröffentlicht oder vervielfältigt werden. Im Regelfall muss also derjenige vorher gefragt werden, dessen Werk man nutzen will und sofern keine abweichende Vereinbarung besteht, ist jede Nutzung auch zu vergüten sowie der Urheber zu benennen.
  • Es gibt beim Urheberrecht keinen Schutz des guten Glaubens: Rechte können nur dann wirksam erworben werden, wenn derjenige, der Rechte einräumt, dazu auch tatsächlich berechtigt ist. Die Tatsache, dass Nutzungsrechte im Falle fehlender Berechtigung des Einräumenden grundsätzlich nicht wirksam entstehen können, bedeutet in der Konsequenz, dass im Fall eines mehrfachen Einräumens von Nutzungsrechten die sogenannte Rechtekette lückenlos sein muss. Sobald diese an einer Stelle durch eine unwirksame Verfügung unterbrochen wurde, wirkt sich dies auf alle nachfolgenden Rechteinräumungen aus, mit der Folge, dass es an einer Nutzungsberechtigung des „letzten Gliedes“ regelmäßig fehlt. Dementsprechend hilft es bei fremden Inhalten (zumindest dem „teilenden“ Nutzer) auch wenig, dass sich Social-Media-Plattformen meist umfangreich alle möglichen Nutzungsrechte an den Uploads ihrer Mitglieder einräumen lassen. Wer keine Rechte hat, kann auch nichts übertragen.
  • Die Erlaubnis zu einer bestimmten Nutzung bedeutet nicht automatisch, dass andere mögliche Nutzungen schon deshalb auch erlaubt sind: Bilder etwa, die ein Fotograf zwecks Abdrucks in einer Werbebroschüre vom Firmengelände angefertigt hat, dürfen nicht einfach als Titelbild der Facebook-Fanpage des Unternehmens veröffentlicht werden, wenn diese (andere) Nutzung nicht bereits beim Auftrag zwischen den Beteiligten klar war.

Urheberrechtsschutz für „Werke“

Der Urheber eines Werks besitzt durch das Urheberrechtsgesetz umfassende Schutzrechte. Was ein Werk ist, steht in § 2 UrhG: Stets erforderliches wesentliches Merkmal jedes Werks ist das Vorliegen einer individuellen geistigen Schöpfung. Für die meisten der in Social Media veröffentlichten Inhalte wie Bilder, Grafiken, Videos und Tonaufnahmen stellen sich regelmäßig keine wesentlichen Probleme:

  • Grafiken – wie etwa Symbole oder Navigationselemente, gezeichnete Karikaturen, aber auch Schriftfonts – sind als Werke der bildenden oder angewandten Kunst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG geschützt.
  • Fotos sind – jedenfalls soweit die Aufnahmen von Menschen gemacht wurden (= individuelle, gegebenenfalls auch künstlerische Gestaltung) in der Regel als Lichtbildwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG geschützt.[13] Soweit es um die Verbreitung von Fotos geht, auf denen identifizierbare Personen im Mittelpunkt des Motivs stehen (also nicht nur Teil einer größeren Menschenmenge oder anderweitiges „Beiwerk“ sind[14]), ist bei einer beabsichtigten Verbreitung zusätzlich zu beachten, dass es nicht nur darauf ankommt, dass der Verbreitende die notwendigen Rechte an dem Foto selbst hat, sondern dass es hier stets der Einwilligung der abgebildeten Person zur beabsichtigten Veröffentlichung bedarf. Das ist allerdings keine Frage des Urheberrechts, sondern folgt aus dem Recht jeder Person am eigenen Bild (§ 22 des Kunsturhebergesetzes).
  • Anfahrtsskizzen und Ortspläne sind als Kartenwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schutzfähig.
  • Musik ist durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG geschützt.
  • Für Videos gilt in der Regel der Schutz als Filmwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG.

Bei Texten kann die Frage nach der Eigenschaft als urheberrechtlich geschütztes Werk („Sprachwerk“, § 2 Abs.1 Nr.1 UrhG) jedoch im Einzelfall Probleme bereiten, weil ein Text nur dann als Werk gilt, wenn er eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreicht, also eine ausreichende individuelle Befassung und „Eigenleistung“ erkennen lässt. Ob ein Text urheberrechtlich schutzfähig ist, hängt nach der Rechtsprechung von der Art des Textes ab:

Ist zum Beispiel der Stoff eines Textes frei erfunden, so erlangt er eher Urheberschutz als ein Text, bei dem der Inhalt und / oder die Form durch einen funktionalen Zweck vorgegeben und beschränkt sind. Im Vordergrund stehen also die Individualität und Originalität der „Schöpfung“.

Während daher Essays, Leitartikel, Presseberichte oder Zeitschriftenbeiträge unproblematisch als schutzfähig anzusehen sind (ebenso wie ihre online zugänglichen Pendants sind dies Schriftwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), wird man etwa einer schlichten Bedienungsanleitung den Charakter als Ergebnis einer „geistigen Schöpfung“ in der Regel absprechen.

Und je mehr sich der veröffentlichte Text auf die exakte und vollständige Wiedergabe von vorgegebenen Tatsachen beschränkt, desto weniger wird von einem individuell erdachten und damit urheberrechtlich geschützten Text auszugehen sein.

Aber auch der (fehlende) Umfang eines Textes kann dazu führen, dass im konkreten Fall nicht von einem eigenständigen Werk auszugehen ist:

Die automatisch erzeugten Zusammenfassungen beim Teilen im Web 2.0 sind regelmäßig nur kurze Auszüge von Beiträgen, denen normalerweise keine eigenständige urheberrechtliche Schutzfähigkeit zukommt.

Entsprechendes gilt für Postings in der „Timeline“, oder dem „Aktivitätenprotokoll“ sozialer Netzwerke:

Wer lediglich solche kurzen Statements (in der kürzesten Form beschränkt auf die 140 Zeichen beim Kurznachrichtendienst Twitter) weiterverbreitet, nimmt im Normalfall keine urheberrechtsrelevante Handlung vor. Auch außerhalb sozialer Netzwerke – vor allem in Blogs – dürfte vielen Einträgen, die lediglich fremde Beiträge reproduzieren und bestenfalls „anmoderieren“, keine eigenständige urheberrechtliche Schutzfähigkeit zuzubilligen sein.

Ob einem Text urheberechtlicher Schutz als Werk zukommt, ist übrigens strikt zu trennen von der häufigen Frage, ob das erlaubnisfreie Verbreiten eines Textes deswegen möglich ist, weil es sich dabei lediglich um ein zulässiges Zitat handelt:

Zwar ist nach § 51 UrhG „die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werks zum Zweck des Zitats“ zulässig. Es muss dafür aber tatsächlich ein spezifischer Zitatzweck vorliegen.

Das setzt voraus, dass der Übernehmende sich gedanklich in irgendeiner auch objektiv erkennbaren Form mit dem übernommenen Inhalt auseinandersetzt.

Es reicht also regelmäßig nicht aus, einfach einen – womöglich vollständigen – Textbeitrag etwa mit lediglich den vorangestellten Worten „Interessant ist auch, was Rechtsanwalt Strunk so alles zum Urheberrecht verzapft:“ zu verbreiten. Es müsste vielmehr deutlich werden, weshalb der Beitrag eigentlich „zitiert“ wird, verbunden mit ein paar eigenen Ausführungen zu dem fraglichen Thema.

Auch hier kann die Länge des übernommenen Textes eine Rolle spielen: Die Verbreitung zwecks Zitat ist nur in dem Umfang gerechtfertigt, wie ihn der jeweilige besondere Zweck erfordert. Wer verdeutlichen will, weshalb er die These eines Autors zu einem bestimmten Thema für dummes Zeug hält, muss dazu nicht dessen gesamten Beitrag wiedergeben. Vielleicht reicht auch schon ein Satz.

Legt man diesen Maßstab an, wird deutlich, dass es sich bei den allermeisten geteilten Beiträgen im Social Web tatsächlich gar nicht um „echte“ Zitate im Sinne des § 51 UrhG handelt. Einen Beitrag teilen zu wollen, weil man ihn lustig findet, mag zwar sozial sein, ist aber jedenfalls kein rechtlich relevanter Zitatzweck. Hinzu kommt, dass das nach der genannten Vorschrift zulässige Zitat stets eine ordentliche Quellenangabe erfordert, die allein in den durch die Social-Media-Plattformen generierten Links jedenfalls nicht zu sehen ist.

Klarzustellen ist allerdings, dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für ein Zitat im Sinne des § 51 UrhG grundsätzlich jedes (bereits veröffentlichte!) Werk zitiert werden darf. Dementsprechend muss es nicht zwingend ein Text sein:

Auch Fotos, Videos oder Tonaufnahmen können in beschränktem Umfang auch ohne Zustimmung als Zitat verbreitet werden.

Persönlichkeits- und Verwertungsrechte

Die urheberrechtlichen Befugnisse lassen sich entsprechend der gesetzlichen Maßgabe in § 11 UrhG in zwei grundsätzliche Gruppen unterteilen:

Zum einen gibt es die sogenannten Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12-14 UrhG): Hierzu zählen das Veröffentlichungsrecht, das Recht auf Namensnennung sowie das Entstellungsverbot. Zum anderen stehen dem Urheber die sogenannte Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) zu: Hier spielen beim Nutzen sozialer Medien insbesondere das Vervielfältigungsrecht sowie das Verbreitungsrecht eine große Rolle.

Daneben bestehen die wirtschaftlichen Verwertungsrechte des Urhebers bezüglich der öffentlichen (unkörperlichen) Wiedergabe seines Werks (§§ 19-22 UrhG). Hier sind als praktisch bedeutsam insbesondere das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, das Senderecht, das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger sowie das Recht der Wiedergabe von Funksendungen zu nennen.

Urheber und Rechteinhaber

Wer Urheber ist, legt das Gesetz in § 7 UrhG fest: Die natürliche Person, die das Werk selbst geschaffen hat.[15] Für die Urhebereigenschaft spielt dabei keine Rolle, ob die Werkschöpfung als Auftragsarbeit oder zum Beispiel innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt, vergleiche § 34 UrhG. Auch ein angestellter „Ghostwriter“ ist daher grundsätzlich Urheber des von ihm verfassten Textes, der dann unter fremdem Namen erscheint. Auch kommt es für die Urheberschaft nicht auf die zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumslage an dem Werk an. Daneben gibt es auch die Miturheberschaft für den Fall, dass ein Werk von mehreren Personen gleichzeitig geschaffen wurde.

Der Urheber darf über die Nutzung und Verwertung seiner selbst erstellten Inhalte (wie Texte, Fotos, Bilder, Grafiken, Videos) selbst – und im Normalfall auch allein – bestimmen.

Von der Urhebereigenschaft stets zu trennen ist die Frage, wem im Einzelfall die wirtschaftlichen Nutzungsrechte an einem Werk zustehen. Da diese – wie bereits erwähnt, anders als das Urheberrecht selbst – rechtsgeschäftlich übertragbar sind, müssen sie nicht zwingend dem Urheber zustehen.

Im Zusammenhang mit der „Rechtekette“ (siehe oben) sind dabei besonders zwei Konstellationen in der Praxis bedeutsam und problematisch:

  • Es kann sein, dass der Urheber selbst zwar mit der Nutzung einverstanden ist, über die entsprechenden Nutzungsrechte aber gar nicht mehr verfügen darf. Klassischer Fall ist etwa der des Verlagsautors, der die ausschließlichen Nutzungsrechte an seinem Werk für Geld vertraglich seinem Verlag eingeräumt hat.
  • Speziell im Zusammenhang mit der Verwendung sogenannter Stock-Fotos in sozialen Netzwerken entsteht ein bislang unterschätztes, aber sehr konkretes rechtliches Problem:Wer Bilder dort hochlädt, räumt dem Netzwerk wegen der allgemein üblichen Rechteübertragungsklauseln in den Geschäftsbedingungen damit regelmäßig zumindest einfache Nutzungsrechte ein. In aller Regel schließen die Lizenzbedingungen der Stock-Foto-Archive das Einräumen von Nutzungsrechten an Dritte („Unterlizenz“) jedoch aus. Damit liegt durch das Hochladen der Bilder ein Verstoß gegen die Bedingungen vor, unter denen die Nutzung zulässig ist – womit zugleich die Befugnis entfällt. Selbst wenn die konkrete Verwendung des Bildes (etwa als Titelbild für die Facebook-Fanpage) durch den Nutzer völlig bestimmungsgemäß erfolgt, handelt es sich dann um eine rechtswidrige Nutzung.

Fußnoten

[1] BGH vom 19.10.2011, Az.: I ZR140/10 „Vorschaubilder II“

[2] Zum Nachlesen: http://support.google.com/webmasters/bin/answer.py?hl=de&answer=35308

[3] Mit der Folge, dass dann ein sachlich kaum zu rechtfertigender praktischer (rechtlicher) Unterschied zwischen Bildern einerseits und andererseits Texten zu machen wäre.

[4] Nach im Oktober 2012 veröffentlichten Angaben des amerikanischen Online-Dienstleisters Website-Monitoring.com wurden zu diesem Zeitpunkt monatlich durchschnittlich 300 Millionen Fotos pro Tag auf Facebook eingestellt und über 3,2 Milliarden „Likes“ und Kommentare abgegeben. Die Zahl dürfte nicht kleiner geworden sein.

[5] Das Problem des Eingangsbeispiels lässt sich beispielsweise bei Facebook dadurch entschärfen, dass man bis zur verbindlichen Klärung der rechtlichen Bewertung jegliche Veröffentlichung von fremdem Bildmaterial unterlässt, indem man vor dem Teilen die Option „Kein Miniaturbild“ anklickt.

[6] Für private Nutzer gilt abseits der rein rechtlichen Bewertung mit Blick auf das tatsächliche Risiko einer gerichtlichen Inanspruchnahme, dass Verstöße in sozialen Netzwerken vergleichsweise schwierig zu ermitteln sind und jedenfalls bislang tatsächlich kaum verfolgt werden. Andererseits möchte niemand einer der wenigen sein, die es doch trifft. Und es ist auch nicht zwingend, dass die Situation künftig so bleibt. Weiter minimieren lässt sich das Risiko natürlich auch dadurch, die Privatsphäre-Einstellungen auf den (echten) eigenen Bekannten- und Freundeskreis zu beschränken. Dies dürfte jedoch für alle, die mit ihrer Präsenz in sozialen Medien auch oder vor allem einen geschäftlichen Zweck verfolgen, kein gangbarer Weg sein.

[7] In der radikalsten ablehnenden Form: Ob etwa ein Urheberrecht als solches hier überhaupt noch anzuerkennen ist, vgl.: www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kulturwelt/buchkritik-no-copyright-joost-smiers100.html

[8] Man könnte es provokant auch so formulieren: Bei vielen rechtlichen Übertretungen in diesem Bereich ist einem eigentlich schon irgendwie bewusst, dass etwas möglicherweise nicht ganz erlaubt ist. Man sieht es nur nicht ein – ein „Akzeptanzproblem“.

[9] Vgl. die Erläuterungen bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Fair_Use

[10] Ein solcher Grundsatz wäre durchaus wünschenswert. In § 51 UrhG kommt der Gedanke des „Fair Use“ zumindest zum Teil zum Ausdruck.

[11] Helfen kann der Grundsatz des „Fair Use“ allerdings dort, wo es um die Verbreitung fremder Inhalte geht, für die eine Rechtsordnung gilt, die diesen Grundsatz und das Teilen von Inhalten in Social Media als legitim anerkennt. Wer also zum Beispiel Fotos von Rechteinhabern aus den USA auf diese Weise verwendet, verringert das Risiko rechtlicher Inanspruchnahme.

[12] Ob die jeweiligen Klauseln in den AGB der sozialen Netzwerke nach deutschem Recht wirksam sind, lässt sich an vielen Beispielen zwar bezweifeln. Da die entsprechenden Anbieter auf ihren eigenen Plattformen jedoch das „Hausrecht“ ausüben, können Verstöße der Nutzer gegen Teilnahmebedingungen unabhängig davon jederzeit zu Konsequenzen führen, wie etwa Sperren oder Account-Schließungen.

[13] Anders zu bewerten unter Umständen für Passfotos aus einem Fotoautomaten (= fehlende Individualität): Eine solche maschinelle Aufnahme ist in der Regel kein Werk, genießt aber zumindest leistungsschutzrechtlichen Schutz als Lichtbild gemäß § 72 UrhG.

[14] Siehe dazu Ruhland, Filmen von Mitarbeitern, in: CuA 2/2013, 18 ff. (19)

[15] Eine juristische Person kann nicht Urheber sein. Ihr können allenfalls Nutzungsrechte zustehen.